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Tu - Zentralalpen/Gasteinertal: Urgebirgstheorie, Metamorphosenlehre u. a.
Geologie, Gasteinertal Geologie : Gasteinertal

Hohe Tauern . Gasteinertal

Hypothesen der Gebirgsbildung

Im Sinne des Begründers der deutschen geologischen Systematik Abraham Gottlob Werner wurden die salzburgischen Gesteine in das damals für allgemein gültig gehaltene sächsische Formationssystem gebracht. Die Überlegungen beruhen auf der einfachen Vorstellung, dass das, was unten liegt, auch das älteste ist.
Erst Leopold von Buch (1802) erkannte, dass die sukzessive Folge der Gebirgsarten (von unten nach oben: Gneis - Schiefer - Klammkalk) durch Hebungsvorgänge aus ihrer ursprünglichen horizontalen Lagerung gebracht worden sind.

Der Zentralgneis ist jünger als das Altkristallin

Der erste geologische Querschnitt durch das Gebirge Gasteins stammt von Joseph Russegger. Er bemerkte, dass die Schichten verbogen und wellenförmig zusammengedrückt sind. Ursprünglich waren sie ebene Sedimente. Am Hocharn und Schareck liegen die Glimmerschiefer, kristallinen Kalke und Tonschiefer in einer Höhe von 3.000 m über dem Meeresspiegel. Daraus folgt Russegger, dass erst viel später eine allgemeine Emporhebung des Gebirges stattgefunden hat. Auch die Bildung der Erzgänge scheint mit der Emporhebung der zentralen Alpenkette verknüpft zu sein. Es folgte die Erkenntnis, dass der Zentralgneis jünger ist als das Altkristallin. Das Altkristallin baut vor allem die kristalline Zentralzone der Ostalpen auf und findet sich in Form der Randgneise (östl. und südliche Hochalmgruppe) auch in den Hohen Tauern. Der Granitgneis in den Hohen Tauern ist eben jünger als die Paragneise, Amphibolite und Glimmerschiefer des Altkristallins, in welche er eindringt und die er metasomatisch verdrängt.
Der Kärtner Geologen F. v. Rosthorn sah die Gesteine der Schobergruppe lokal über den Schiefern der Hohen Tauern lagern und dass die Gesteine zwischen Möll und Drau, Gurk und Lavant arm an Granitgneis sind. Sie setzen sich hauptsächlich aus Granatglimmerschiefer und Plagioklasgneis (weiche Glimmerschiefer) zusammen und bedingen sanfte Bergformen (Schobergruppe, Kreuzeckgruppe, Nockberge etc.). Ihre Begleitgesteine sind Turmalinpegmatite, Hornblendegesteine, Eklogite und vereinzelt Kalkmarmore. Die Gesteinsgesellschaft der Hohen Tauern nannte Rosthorn "erste Urgebirgsgruppe" und stellt ihr die "zweite Urgebirgsgruppe" als Altkristallin gegenüber. Seine Sammlungen gehören zum Grundstock des im Jahre 1848 gegründeten naturhistorischen Landesmuseum in Kärnten. Der Bergmeister H. Credner (1850) aus Gotha machte erste tektonische Beobachtungen und spricht bereits wörtlich davon, dass der kristalline Schiefer "mantelförmig der Zentralmasse auf- und angelagert" ist.

Beckesche Metamorphosenlehre

Zunächst wurden die Grundlagen geschaffen, magmatische Erstarrungsgesteine von den metamorphen Schiefern zu trennen. Nach Einführung der Dünnschliff-Petrographie war eine systematische Untersuchung der Tauerngesteine möglich und man fand, dass in den Zentralgneisen und ihren Hüllgesteinen die sekundären Minerale in großer Mannigfaltigkeit vorhanden waren.
F. Becke fand dazu die invers zonaren Plagioklase und den Schachbrettalbit. Alle diese Mineralbildungen weisen auf niedrige Temperaturen während der Gesteinsbildung hin und stehen dazu im Gegensatz zu den primären Mineralen magmatischer Kristallisation.
Man kam zu dem Schluss, dass der Zentralgneis zunächst als magmatischer Granit erstarrte und nachfolgend bei niedrigen Temperaturen umkristallisierte, also metamorph wurde. Da in ihm die sekundärem Mineralbildungen gegenüber den primären überwiegen, konnte man ihn als kristallinen Schiefer bezeichnen (= Beckesche Metamorphosenlehre 1903).

Urgebirgshypothese

Man wunderte sich, wie viel Kalkschiefer und Kalkmarmore in den Hohen Tauern zu finden sind. Wie kommt der Kalk ins Urgebirge? Was hat der Kalk mitten im Gneis zu suchen? Gab es in diesen Urzeiten, aus denen die Tauern hervorgingen, schon organisches Leben, das den Kalk aufbaute?
J. Russegger (1830) rechnet nur mehr Granit und Gneis zum Urgebirge. Die darüberliegenden "mächtigen Ablagerungen von Glimmerschiefer, hier und da wechsellagernd mit jüngerem Granite, begleitet von körnigem Kalk und Euphotidgebilden (Grünschiefern)" werden bereits als sekundäre Formationen erkannt, welche dann in der Klammkalkzone und nördlich der Salzach zu den "Gebilden der Übergangszeit" (Grauwackenzone) überleitet. Darüber folgt der "Alpenkalk" (nördliche Kalkalpen) - Urgebirgshypothese!

Metamorphose der Tauernschieferhülle

Studer erkannte erstmals die Metamorphose der Tauernschieferhülle. Er beobachtete die allmähliche Veränderung, welche sich in den sedimentären Gesteinen der Tauernschieferhülle bei Gastein mit schrittweiser Annäherung an das Gebiet des Granitgneises vollzieht:
Zitat: "Wo die metamorphischen Einflüsse am schwächsten hervortreten, sind es schwarze oder graue Ton- und Dachschiefer oder glimmerreiche feste Sandsteinschiefer, oder dunkle dichte oder körnige Kalksteine. Bei höherer kristallinischer Entwicklung nehmen die Schiefer stärkeren Glanz und bunte Farben an und nähern sich dem wahren Glimmerschiefer. In der näheren Umgebung der Gneisstreifen findet man mächtige Schieferfolgen von Chloritschiefer, mit welchem weißen Marmore, Cipolline oder talkige Quarzschiefer wechseln. Zuweilen auch, besonders in der Nähe von Serpentin, sind grüne Schiefer, in Epidotschiefer oder Talkschiefer übergehend, mächtig entwickelt. Organische Überreste findet sich nur höchst selten in dieser Zone." (B. Studer, 1849, 1851).

Keine Fossilien in den Tauernschiefern

Die Fossilfunde in der Grauwackenzone (Paläozoikum) und in den Radstädter Tauern (Mesozoikum) werden nun mit den fossilfreien Schiefern der Hohen Tauern in Beziehung gebracht. Eine Analogiemethode, die Vermutungen, aber keine Beweise bringt, weil eben noch keine Fossilien in den Tauernschiefern bei Gastein gefunden wurden.
Peters vertrat die Auffassung, dass in der Tauernschieferhülle nicht nur Paläozoikum, sondern auch Trias enthalten ist. Die Metamorphose ging somit während der Liasformation vor sich und es wäre demnach in den Zentralalpen in der Liaszeit ein tiefer Meerestrog anzunehmen. Unter dem liassischen Meeresgrund waren die zentralalpinen paläozoischen und triadischen Schichten so tief versenkt, dass sie angewärmt und metamorph wurden. Die Theorie des Tauernfensters von P. Termier war zu dieser Zeit bereits bekannt.
Daran anschließend war Eduard Suess (1890) der Ansicht, dass der Radstätter Tauern von den Kalkglimmerschiefern der Tauernhülle nicht zu trennen sind. Der Kalkglimmerschiefer der Hohen Tauern ist somit ein durch Druck veränderter Triaskalkstein.

Zentralgneis als alpidische Intrusion

Im Jahre 1931 wurde der Zentralgneis als ein alpidisch intrudierter Granit interpretiert (Angel und Herritsch). Ist er bei der Alpenfaltung entstanden oder aber ist seine Kristallisation schon bei einer älteren Gebirgsbildung erfolgt? Welche Serien der Tauernschiefernhülle hat der Granit intrudiert? Hat er auch die vermutlich mesozoischen Sedimente aufgeschmolzen und granitisiert? Der Gneisdom des Hochalm-Ankogelmassivs (Stubnerkogel - Angertal - Silberpfennig - Nassfeld - Hüttwinkler Rauristal) passt aber so gar nicht in die Theorie des Zentralgneises als alpidische Intrusion oder Produkt einer alpidischen Granitisationsfront.
Neuere Betrachtungen finden sich in den Kapiteln - Tauernfensters - und alpidische - Gebirgsbildung - . . .

Weiterführende und verwandte Themen :
Gesteine Gasteins - inkl. Mineralien
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• Ökologie : Trinkwasser - Herkunft, Quellen

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Anmerkung: Beschreibungen und Textstellen der Geologie von Gastein wurden überwiegend den Publikationen von Christof Exner entnommen,
welcher als Geologie von 1946 bis 1955 in Gastein wissenschaftlich tätig war.
Falschinterpretationen nicht ausgeschlossen. Beschreibung ohne Gewähr.

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Geologie der Zentralalpen/Gasteinertal: Urgebirgstheorie
© 2005 Anton Ernst Lafenthaler
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