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Geschichte Gasteins

Der Lender Handel

Die Beziehungen zwischen Rauris und Gastein waren traditionell eng, wenn auch nur auf privaten Verflechtungen beruhend. Gemeinsam mit Lend kam so in der zweiten Hälfte des 16. Jh. das montanistische Dreieck Lend-Gastein-Rauris hinzu. Der Grund für die Schaffung eines dritten Standortes war der Holzmangel in Gastein und Rauris. Schon 1521 hatte sich nach einer Waldbestandsaufnahme ein unübersehbarer Versorgungsmangel abgezeichnet. Nun wollte man Holz aus den Pinzgau über die Salzach transportieren zur neuen Schmelzhütte in Lend.

Entwicklung zum "Lender Handel"

Lend wurde nicht "planmäßig" gegründet, sondern entwickelte sich aufgrund mehrerer Faktoren. Dazu gehört die bereits vorhandene Rechen- und Einländungsanlage (erstmals nachgewiesen 1544), die Schmelzhütte Christoff Weitmosers an der Mündung der Gasteiner Ache 1547 - die "Goldegger Hütte" und die Schmelzhütte Martin Strassers im heutigen Oberlend beim Teufenbachgraben 1555 - die "Goldwieser Hütte".
In Lend sollte die Urproduktion von edelmetallhaltigem Erz, wie die Aufbereitung der Erze, hauptsächlich der mit taubem Gestein vermengten Brucherze durch Poch- und Waschwerke erfolgen und das dafür benötigte Kupfererz aus der Umgebung von Lend angeliefert werden. Das Pinzgauer Holz nimmt den Wasserweg nach Lend und wird gleich zu Holzkohle verarbeitet die dann den an Ort und Stelle befindlichen Schmelzöfen zugeführt werden. Weiter soll eine Edelmetallschmelzhütte, ein zentrales Verwaltungsgebäude und ein "Pfennwerthandel" errichtet werden. Das in Lend ausgeschmolzenen "göldische Silber", eine Edelmetalllegierung mit jeweils rund einem fünftel Gold und vier fünftel Silber kommt dann direkt nach Salzburg zur Herstellung von Gold-Dukaten bzw. Silber-Gulden.

Die Lender-Holzkohlengesellschaft
Der Bau der Einländungsanlage lief ursprünglich auf Kosten und Regie Herzog Ernsts, der sich mit der Holzkohlenerzeugung und dem Weiterverkauf an die Gewerken ein gutes Geschäft erwartet. Auch strebte er eine eigene Schmelzhütte in Lend an.
Im Jahr 1553 gab Herzog Ernst allerdings das einträgliche Kohlegeschäft aus der Hand. Da sich die Kohlenerzeugung gut eingespielt hat, schloss er mit dem Gewerken Christoff Weitmoser, Martin Strasser und Josef Zott samt deren Mitgewerken einen Vertrag, mit welchem er namentlich bestimmte Wälder im Pinzgau sowie alle seine Lender Anlagen übergab.
Die Überlassung war eigentlich kein Geschenk, sondern eine unentgeltliche, zeitlich begrenzte Überlassung unter der Voraussetzung, dass durch die ununterbrochene Nutznießung der Anlagen das Kammergut (Staatsvermögen) zumindest indirekt gefördert werde.
Die drei Großgewerken fühlten sich nun als die eigentlichen Herren in Lend und traten vor allem in der Waldfrage groß auf. Diese Lender-Holzkohlengesellschaft hielt sich bis 1569. Der Gastein-Rauriser-Bergbau erzielte in dieser Zeit die höchsten Erträge.
Der Lender Handel
Am 29. April 1569 wurde im Rahmen eines formellen Unterzeichnungsaktes ein "handelsrechtlicher" Gesellschaftsvertrag abgeschlossen. Der Name der neuen Handelsgesellschaft lautete "Gemeine Lender Handelsgesellschaft", wobei sich in kürzester Zeit die Kurzform "Lender Handel" einbürgerte. Der Landesherr garantierte den Gewerken im Rahmen seines Ankaufmonopols die Abnahme von Gold und Silber zu einem vorbestimmten Preis.

Dass ein derartiger handelsrechtlicher Vertrag überhaupt zustande kam, lag u. a. daran, dass einerseits die Goldproduktion immer mehr zurückging und andererseits, dass nach dem Ableben von Christoff Weitmoser (1558), Martin Strasser (1560) und dem Bruder Wolfgang Straßer (1561) nur mehr unmündige Söhne bzw. Neffen vorhanden waren, deren Interessen durch Vormünder, so genannte "Gerhaben" wahrgenommen wurden.
Bei der Familie Strasser war dies der Erzbischof Johann Jakob von Khuen-Belasy höchstpersönlich und hatte als Strasserscher Gerhabe unmittelbaren Zugriff auf rund ein Drittel des gesamten Gastein-Rauris-Lender Montanistikums. Die Inhaber der zwei restlichen Drittel im Edelmetallbau, nämlich das junge Brüderpaar Weitmoser bzw. die eben erst großjährig gewordenen Brüder Zott, steckten durch den Rückgang der Edelmetallproduktion in Finanznöten und hatten daher eine schwache Verhandlungsposition. So konnte der Landesherr die Konzentration des gesamten Edelmetallbergbaues in einer gemeinsamen Handelsgesellschaft leicht durchsetzen.
Die neue Gesellschaft war von vornhinein mit Hypotheken belastet. Das in den Bergbaueinrichtungen und sonstigen Realitäten gebundene Kapital errechnete man auf 200.000 Gulden. Vom Landesherrn kamen 20% als disponibles Geld. Die Weitmoser verfehlten die vereinbarte Realwertanlage um rund 10.000 Gulden, die Zott gar um 30.000 Gulden.

Die Auflösung des Gemeinen Lender Handels

Im Jahre 1578 trat Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau die Regentschaft im Erzbistum an. Er wollte die Subventionspolitik seiner Vorgänger nicht fortsetzen und ordnete 1588 an, dass die "Gemeine Lender Handelsgesellschaft" binnen Jahresfrist aufzulösen sei. Die Gründe dieses Entschlusses lagen teilweise im Bereich der religiösen Intoleranz, denn viele der Gewerken waren Sympathisanten des Protestantismus und Wolf Dietrich wollte nicht Teil der protestantisch infiltrierten "Lender Handelsgesellschaft" sein. So kam es 1589 zur Auflösung des "Gemeinen Lender Handels".
Wolf Dietrich, der sich nun "Fürsterzbischof" nannte, äußerte seinen Unmut über die Gewerken und erließ 1591 eine "Reformation" als eine Art Bergwerksordnung. Damit wollte er das gesamte Montanwesen in eigene Hände nehmen. Die Gewerken sollten nun mit dem vom Landesherrn eingesetzten "Fürstlichen Verwalter" ihre Anliegen zwar besprechen dürfen, aber die "Direktions-Proposition" mit anschließender verbindlicher "Exekution" kam allein dem "Fürstlichen Verwalter" als dem Bevollmächtigten des Fürstenerzbischofs zu.
Die Gewerken durften ohne Erlaubnis weder einen Stollen eröffnen, noch einen einstellen. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Landesherrn war den Gewerken das Kaufen und Verkaufen von Anteilen untersagt. Diese "Reformation", die einer staatsdirigistischen Totalbeschneidung gleichkommt, mussten die Gewerken Hans II. Weitmoser, Martin II. Strasser, Abraham Katzbeck als nachgeborener Verwandter des "großen" Michael Katzpeck, Hans und Carl Rosenberger, sowie Bartlmä Putz unterzeichnen.

Der Neue Lender Handel

Im Jahre 1602 gesteht Wolf Dietrich ein, das sein Staatsdirigismus kläglich gescheitert war und übergab den noch vorhandenen Gewerken seine Anteile an Gruben und Aufbereitungsanlagen, sowie Schmelzanlagen in Gastein, Rauris und Bleiberg, im Schenkungswege - Neue Lender Handel. Für seine in Lagerhütten vorhandenen Erzvorräte und andere Waren wollte er 43.239 Gulden als Ablöse bekommen. Die Gewerken ließen sich auf diese Schenkungsaktion ein, auch wenn es sich dabei um ein Danaer-Geschenk gehandelt hatte. Die Erzvorräte erwiesen sich als schwere Last, obwohl die Zahlung auf sieben Jahresraten gestundet wurde. Sie mussten private Kredite aufnehmen und es blieb kein Geld mehr für Investitionen im Bergbau. Am "Neuen Lender Handel" waren die Gewerken Katzpeck, Rosenberger, Steinhauer, Zott und Hans Maier als führende Köpfe beteiligt.

Zwischen 1604 und 1611 halbierte sich der Wert der Produktion, die Schuldenlast stieg mit Zinsbelastungen bis 20% - Im Jahre 1613 stand der wirtschaftliche Zusammenbruch bevor. Die Gewerken erbaten bei Markus Sittikus als dem neuen Landesherrn die Übernahme des Gastein-Rauris-Bleiberger Montanistikums im Ausmaß von fünf Sechstel. Erzbischof Markus Sittikus gewährte aber lediglich für 5 Jahre ein zinsenfreies Darlehen, sowie Fron- und Wechselfreiheit, die Erhaltungskosten des Lender Rechens und die Rücknahme der Trinkgeschirr-Reichung gegen normale Umgeldzahlungen. Dadurch konnte er die Massenentlassungen im "Neue Lender Handel" verhindern, zumal diese den Weinbedarf bis auf die Hälfte reduzierte. Zusätzlich gewährte er eine jährliche Subvention, die streng zweckgebunden für Hoffnungsbauten verwendet werden sollten.

Die Salzburger Kammerräte drängten dann aber 1616 auf den Ankauf der Gastein-Rauriser Betriebe durch das Erzstift mit der Begründung, die freigesetzten Arbeiter würden immer mehr in den Sog der protestantischen Agitation geraten, während bei Fortführung des Bergbaues eine Chance bestand, sie für die katholische Religion zu retten. Auch stünde durch die Bergarbeiter eine evtl. notwendige tüchtige Mannschaft für den Kriegsdienst zur Verfügung und viele Familien lebten vom Bergbau, die bei dessen Einstellung zum Betteln verurteilt sein würden. Am 9. April 1616 stimmte das Domkapitel dem Kauf zu.
In den Kauf einbezogen wurden ausschließlich Realitäten, Erz- und Warenvorräte, nicht die Gruben. Der neue Staatsbetrieb verordnete letztlich die Einstellung sämtlicher Baue mit Ausnahme jener auf der Nordseite des Radhausberges und einige Stollen des Rauriser Goldberges.

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Quellen: Der Text wurde teilweise dem Buch "Bad Hofgastein und die Geschichte Gasteins" von Dir. Sebastian Hinterseer, 1977 -
sowie dem Buch - "Tauerngold" von Paar/Günther/Gruber, 2006 - entnommen

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© 2007 Anton Ernst Lafenthaler
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