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D - Gasteintal/Dokumentation: Ritter J. E. von Koch-Sternfeld, 1820
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Ritter J. E. von Koch-Sternfeld, 1820

Ritter J. E. von Koch-Sternfeld beschreibt: "Die Tauern, insbesondere das Gasteiner-Thal und seine Heilquellen; mit Rücksicht auf die ältere und neuere Geschichte des Volkes, des Bergbau's und des Handels." - Die Erstausgabe erfolgte bereits 1810, und wurde 1820 durch eine 2. Ausgabe überarbeitet und ergänzt. Zwischenzeitlich erschienen die Bücher: "Straubinger-Hütte zu Badgastein" (von Trimel, Wien) 1819; - und mit dem Jahre 1820 die "Gastunia", ein Taschenbuch von Jos. Mitterdorfer, Salzburg.
Nachfolgend einige, teilweise gekürzte Auszüge aus dem oben genannten Buch - entsprechend den unterschiedlichen Themen zugeordnet.

Wie die ganze Tauernkette, so hat auch die Gastein ihr Stammvolk . . .

Koch-Sternfeld, 1828 beschreibt das Volk der Gasteiner als eine Vermischung zunächst der Taurisker (Kelten)
mit den südlichen Nachbarn Kärntens (Slaven). Danach von den Römern beherrscht, von Gothen und Alemannen besucht
und letztlich von Franken und Baiern besiedelt sind die "Gasteiner", wohl gemeinsam mit den angrenzenden Pinzgauern ein
Gebirgsvolk. Danach beherrschten die begüterte Grafen von Peilstein Gastein . . .

Textauszug von Ritter J. E. von Koch-Sternfeld aus dem Kapitel : Gastein p. 15 - 19 u. 26
Stammvolk Gastein
Wie die ganze Tauernkette, so hat auch die Gastein ihr Stammvolk. Hier auf diesen Höhen, welche wir nur mehr als ein seit Jahrtausenden zerfallendes Gerippe schauen, fanden die Urbewohner, wie dort im Hochlande Asien's, woher sie stammen, Sicherheit vor den Fluthen, und Wirthbarkeit des Bodens. Sie fanden die wunderbare Kraft der siedenden Heilquellen; und - was den Menschen gewöhnlich mehr als Gesundheit und Leben ist, das Gold. Was entlockte die Menschen ihrer Wiege früher, als das goldene Vließ!
Jagd, Viehzucht, Bergbau und einiger Ackerbau waren von jeher, in der fernsten Vorzeit von Christus aufwärts, die Nahrungszweige der Gastein. Ein höherer Standpunct in der Geschichte weiset darauf hin, und zeiget die Bewohner des Thales, Kelten, vom Stamme der Taurisker, bis auf die letzten acht hundert Jahre im engsten Verbande mit den südlichen Nachbarn (Carni). Deßwegen kann die Geschichte der Gastein nur aus der Geschichte von Kärnthen aufklärt werden. Den Griechen vom Anbeginn befreundet, von den Römern lange gekannt, aber nur kurz beherrscht (zur Zeit des Julius Cäsar), hatten die Taurisker im Noricum bereits ihr wohlgeordnetes Gemeinwesen (Civitates). - Von mancherley Völkerschaften umwogt, von Alemannen und Gothen besucht, von der Slaven Eigenmacht besessen, sahen die Gasteiner endlich die Oberherrschaft der Franken und Baiern um sich her befestiget. Nun erst begann sich das Thal im Norden zu öffnen, um sieben hundert Jahre lang den Verkehr Italien's mit Teutschland zu fördern. Ein Zweig der Grafen von Plaien, genannt Peilstein, auf Karlstein bey Reichenhall, hatte die Gastein als einen Theil der untern Reichsgrafschaft Pinzgau zu einem Prädium seines Hauses gemacht. Es mochte gegen den Anfang des neunten Jahrhunderts geschehen seyn. Nicht früher als vom J. 890 erwähnt eine Urkunde der Erzkirche Salzburg zuerst der (Ache) Gastuna. - Nach dem Abgange der an der Salzache, an der Drau, an der Save, und Donau sc. begüterten Grafen von Peilstein zogen die Herzoge von Baiern, ihre Stammesvettern, Gastein an sich, und verpfändeten und verkauften dann diese Grafschaft an das Erzstift Salzburg, J. 1241, 1297. Mit alten Ansprüchen versehen genossen sie hierauf die Dynasten von Goldeck einige Zeit als erzstiftliches Lehen; bis Gastein wegen stärkerer Bevölkerung, wegen der wichtigen Bergwerke, und in Rücksicht des lebhaften Handels über die Tauern mit Tyrol, Kärnthen und Venedig im Jahr 1327 zum unmittelbaren Landgericht des Erzstifts erhoben ward. Die dermalige Seelenzahl kann zu 3750 angenommen werden, die in 608 Wohnhäusern lebt.
In der Vorzeit bestanden vier landesfürstliche Aemter: 1) Das Landgericht Gastein zu Hof; 2) das Berggericht, öfter mit dem erstern verbunden; 3) die Pflege und Burgvogtey Klammstein; 4) das Ueberamt Weng. Nach der baierischen Verfassung begriff das Landgericht die sämmtlichen Jurisdictions- und Polizey-Geschäfte; die Staatsabgaben verwaltete das Rentamt Goldeck; und die Renten der Kirchen und Stiftungen die Administration zu Zell im Pinzgau. Jetzt besteht wieder ein Pflegamt zu Hof-Gastein für die gesammten Verwaltungszweige unter dem k. k. Kreisamte zu Salzburg und unter der k. k. Regierung zu Linz . Das gesammte Grundeigenthum des Thales ward sonst nach dem veralteten Hoffuße bemessen: es bestand außer dem Burgfrieden in 177 1/6 Viertel-Lehen, (Quadrantes in der Urkunden Sprache) mit 480 Güterbesitzern neben vielen Kleinhäuslern. Das Obereigenthum zerfiel vor der Secularisation und Aufhebung der Klöster in mehr als 60 Grundherrschaften, die in den Lagerbüchern über 2500 Grundrealitäten (Iteme) nachwiesen, so daß mancher Güterbesitzer an 20 Herren diente. In Thälern, wo, wie hier in einer langen Reihe von Jahrhunderten so Viele Bergglück und Handel versuchten, viele Geschlechter reich und arm wurden, mußte der Boden, um Ansitz und Gemeinrecht zu gewähren, in die kleinsten Theile zersplittern werden.
Einige Mischung aus benachbarten Völkerschaften und mit slavischem Blute ist in der Gastein nicht zu verkennen. An Körper und Geist hat sich dennoch manche Aehnlichkeit mit den Pinzgauern erhalten. Sitten und Geschmack verrathen häufigen Verkehr mit Fremden; den Pongauern selbst gelten die Gasteiner als gescheute Leute. Den seit der Emigration neu bevölkerten Kirchsprengel von Dorf hält man für weniger geschmeidig und gelehrig, als die obern Zechen. Indessen hilft sich das arbeitsame Völklein nachbarlich in Unglückfällen aus, heurathet gern, und die Ehen sind fruchtbar; Frömmigkeit ist ein hervorstechender Zug am Gasteiner, seitdem die Gemeinde von 1525 bis 1750 durch fanatische Gewaltstreiche in ihrem Innersten zerfleischt worden war, und eine groß Menge Secticer aus ihrer Mitte verstossen mußte. - Der alte Rumorgeist der Bergleute hat sich mit dem Bergsegen verflüchtigt.

Landwirtschaft

Viehzucht war zur damaligen Zeit die wichtigste Einnahmequelle; neben Weizen und Kornanbau.
Angebaut wurde nur an den Berghängen, denn das Tal war sumpfig und nicht nutzbar. Auch der Obstanbau war wichtig,
insbesondere zur Branntweinherstellung. Gemüse und Kartoffeln deckten den Eigenbedarf . . .

Textauszug von Ritter J. E. von Koch-Sternfeld aus dem Kapitel : Gastein p. 19 - 21
Viehzucht und Ackerbau
Der Viehstand begreift bey 2665 Kühe, und eine verhältnißmäßige Anzahl den Winter hindurch sehr schlecht genährter Rinder (2100 St.) mit einigen tausend Stücken Schafen, und Ziegen. Schweine sind selten. Auch zählt das Thal gegen vierthalbhundert Pferde. Die Viehzucht ist des Gasteiners größter Erwerb; an den vielen Alpen des Thales nehmen auch die benachbarten Unterthanen und Kärnthner Theil. Die Alpe Naßfeld nährt bey 700 Rinder, 200 Pferde, und einige tausend Stück Kleinvieh. Der Hausbedarf verschlingt die Ausbeute an Schmalz bis auf einige Zentner, und die unschmackhaften Speck- (auch Reiber-) Käse haben geringen Werth. Seit einiger Zeit hat man auch süße Käse, wie sie im Pinzgau gewöhnlicher sind, ja, im Naßfelde sogar Schweizerkäse durch geborne Schweizer mit gutem Absatze zu bereiten versucht. Die über den Naßfelder-Tauern kommenden Kärnthner finden zwar das Hornvieh in der Gastein ungleich vollkommener, als das ihrige; dennoch ist es nicht so ansehnlich, wie im Pinzgau. Die Pferde haben zu dicke Köpfe; aber sie werden ihrer Dauerhaftigkeit wegen gesucht. Nur die Stutten bleiben im Thale zurück. Zur Ochsenzucht fehlt es der Gastein an Raum und Wirthschafts-Kapital. Die Stiere werden im dritten Jahre (zu Terzen nach Römer-Art) verschnitten.
Der Ackerbau hat nach der im Gebirge schicklichen Ehegart- oder Wechselwirthschaft, wegen der oftmaligen Ergießungen der Bäche und rücksichtlich des sumpfigen Bodens längs der Ache von Hof bis Unterberg - mehr an den Gehängen der Berge mit Weitzen und Korn, wenig mit Haber (Anm.: Hafer) und Gerste Statt. Den Werth der Kartoffeln bewährten die Jahre 1816 und 1817. An Gemüse, und Hülsenfrucht wird nur das Nöthigste gezogen Bey 2 - 6fachem Saamen deckt die Gemeinde in mittelmäßigen Jahren ihren eigenen Bedarf; nur für die Bergleute muß Getreide zugeführt werden. Die Brache kennt man hier (das Ackerland begreift nur 2261 Morgen) wie überhaupt im Gebirge nicht. Ungeachtet der Wasserbauten, welche vor 25 - 30 Jahren zur Trockenlegung des Hauptthales mit Erfolg angefangen, aber nicht vollendet wurden, wären noch bey 300 Morgen Landes auf demselben Wege zu erwerben. Das jüngste Nivellement des Thales vom J. 1813 gab das günstigste Resultat.
Der Obstbau (Kirschbäume waren von jeher einheimisch und zahlreich) schlug im J. 1799 durch die Bemühungen des damaligen Landrichters die ersten Wurzel; seither ward er, des ungünstigsten Clima's ungeachtet, durch Schullehrer, Bürger und Bauern noch mehr verbreitet.

Kirche und Staat

Im ausgehenden 18. Jahrhundert versiegt der blühende Handel der Gewerkenzeit und die zunehmende Steuerlast
konnte nur durch die Einführung der bair. Steuerprovision abgemildert werden.
Jeder Kirchensprengel hatte eine eigene Volksschule und wohltätige Anstalten.

Textauszug von Ritter J. E. von Koch-Sternfeld aus dem Kapitel : Gastein p. 22 - 25
Gewerbe und Steuerlast
Viele bürgerliche Gewerbe, welche vom 14ten bis zum 17ten Jahrhunderte, in den blühenden Zeiten der Gewerken und des italienischen Handels, hier im lebhaften Betriebe standen, sind verarmt oder eingegangen. Einige nähren sich noch vom Heilbade und vom Bergbau. Auch der günstige Verkehr mit Kärnthen (so lange es Ausland war) und der z. B. mit Salz u.s.w aus den ältesten Zeiten stammt, hat aufgehört.
Eine einzige Strasse durchzieht das Thal von Lend bis nach Beckstein. Von Hof aus kann man auf beyden Seiten der Ache zu Wagen in das Wildbad gelangen; die Poststrasse führt am westlichen Abhang hinauf. - Viele Fußsteige bestehen nach Großarl und in die Rauris; über den Hoch- und Korntauern wandern die Fußgänger selbst im tiefsten Winter nach Kärnthen. Nur Schneegestöber und heftige Winde sperren ihn öfter. Ueber den Naßfelder-Tauern führt ein Samweg nach Kärnthen. Früher gab es der Samwege (für beladene Pferde wandelbar) in der Gastein, wie längs der ganzen Tauernkette, ungleich mehr mit Beyhülfe der Landesfürsten und der Gemeinden. Die zunächst an solchen Samwegen und Fußsteigen gelegenen Gutsbesitzer genossen besondere Natural- und Geldbeyträge, theils um die Wege zu Sommers- und Winterszeit offen zu halten, theils um die Wanderer zu beherbergen und sicher zu geleiten.
Der salzburgischen Steuerverfassung vom J. 1778 gemäß betrug in der Gastein die jährliche Grund- und Häusersteuer 9360 fl.; die jährliche Gewerbesteuer 520 fl. - zusammen 9880 fl.; eine Summe, über deren drückendes Mißverhältniß zum wirthschaftlichen Ertrag, besonders während des Dranges anderer Abgaben und Leistungen, sowohl in der Gastein, als auch in andern Gebirgsgerichten wohlunterrichtete Geschäftsmänner längst einverstanden waren. Die Einführung des bair. Steuerprovisoriums erleichterte das völlig erschöpfte salzburgische Gebirgsland in der Steuerabgabe um mehr als die Hälfte, in einigen Gegenden um zwey Drittel. Die Gastein bezahlt jetzt jährlich an Grund- und Häuser-Steuern 3068 fl.; an Gewerbe-Steuer 393 fl.; zusammen 3461 fl. Das baierische Steuer-Definitivum würde noch wohltätiger eingewirkt haben.
Kirche und wohltätige Anstalten

Zur kirchlichen Verwaltung bestehen unter dem erzbischöflichen Ordinariate zu Salzburg, und dem Dekanate zu Tachsenbach: 1) die Pfarrey zu U. L. Frau zu Hof mit 3 Priestern für 2130 Seelen; 2) das Vicariat zu Dorf zu den hh. Rupert und Virgil (seit 1735) mit 1 Prst. für 800 Seelen; 3) das Vicariate am Wildbade zu den hh. Primus und Felicianus (s. 1623) mit 1 Prst. für 600 Seelen nebst der Filialkirche St. Niclas am Badberge; 4) das Vicariat Beckstein zu U. L. Frau vom guten Rath (s. 1756) mit 1 Prst. und 220 Seelen.
Außer diesen 5 Kirchen, die ungleich älter als die Anstellung ihrer Seelsorger sind, werden noch zwey öffentliche Capellen, die zur h. Anna an der Hausstatt ober dem Markt Hofe, und die zu den drey Wallern ober Unterberg von der rüstigen Jugend und dem andächtigen Alter besucht. - Jeder Kirchensprengel hat eine Volksschule.
Unter den wohltätigen Anstalten werden vorläufig 1) das von den edlen Geschlechtern Strohmer (Anm.: Strochner?)und Weitmoser gestiftete Armenspital am Wildbade, 2) das von einem Gewerken Geißler im Jahre 1600 gegründete Siechenhaus zu Hof, und 3) das seit dem Jahre 1792 errichtete Armenhaus zu Felding bemerkt.
Anmerkung: Die alte Schreibweise (Rechtschreibung) wurde beibehalten (ohne Gewähr).
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Anmerkung: Der Text wurde ausschließlich dem Buch von Ritter J. E. von Koch-Sternfeld,
"Die Tauern, insbesondere das Gasteiner-Thal und seine Heilquellen", 1820 - entnommen.
Die Rechtschreibung sollte dabei unkorrigiert bleiben. Abschrift ohne Gewähr.

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© 2016 Anton Ernst Lafenthaler
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