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D - Gasteinertal/Dokumentation: Gasteiner Kur im 19. Jh. - Burkhard Eble, 1834
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Diätetik

Burkhard Eble beschreibt in seinem Buch "Die Bäder zu GASTEIN" neben den Behandlungsmöglichkeiten zahlreicher Erkrankungen, welche durch das Gasteiner Mineralwasser zu heilen oder die Schmerzen zu lindern versucht wird auch, wie man sich dabei zu verhalten habe. So schreibt er einleitend im sechsten Hauptstück:
"Es ist eine unbestreitbare, aber leider nicht allseitig genug anerkannte und gewürdigte Wahrheit, dass einerseits ein Mineralwasser, welches übrigens dem krankhaften Zustande des Körpers ganz angemessen, und auf die zweckmässigste Art gebraucht wird, dennoch die gewünschte Wirkung nicht hervorbringt, wenn mit seinem Gebrauch nicht die erforderliche Lebensordnung, oder mit andern Worten ein zweckentsprechendes diätetisches Verhalten verbunden wird; und dass anderseits dieses letztere gar oft ganz allein hinreicht, eben so wohl Krankheiten zu verhüten, als selbe gründlich zu heilen." - Wobei er das gesamte diätetische Verhalten auf folgende Gegenstände bezieht: 1. Auf die Luft. 2. Speisen und Getränke. 3. Kleidung. 4. Geistige Beschäftigung, 5. Körperliche Bewegung, und 6. auf das Schlafen und Wachen.

Diätetisches Verhalten bei und nach dem Gebrauch dieser Heilquellen

Burkhard Eble, 1834

Eble (1834) betont als erstes die vorzügliche - Luft - im Gasteinertal und empfiehlt dabei häufiges Spazierengehen, insbesondere für Gäste, die aufgrund ihrer Krankheit eher dazu neigen, das Zimmer zu hüten nicht ohne zu bemerken, dass Die Luft in Gastein nicht immer gleich rein ist. Schädliche "Ausdünstungen" aber meint Eble, gäbe es im Gasteinertal nicht, welche man anderswo als Sumpfmiasma (krankheitserregende Sumpfluft, gleichbedeutend der Malaria) kennt. Auch scheint es keine schädlichen Dämpfe aus den hiesigen Bergwerken zu geben, da die Erze nur zu Tage gefördert und erst in Lend geschmolzen werden. Lediglich der Staub der Schlacken und der Landstraßen stellen Verunreinigungen dar.
Danach werden - Speisen und Getränke - empfohlen, die der Gast schon vor seiner Ankunft gewohnt war und von Ärzten empfohlen wurde. Hauptsache bleibt die Mäßigkeit und die Zubereitung guter Speisen von Seiten der Köche. Gelobt wird zum Frühstück die Milch, die als vorzüglich gilt; ganz abgelehnt wird Tee. Dann wird auch noch Rind- oder Weinsuppe vor dem Baden empfohlen. Das Mittagsmahl erfordert eher leicht verdauliche Speisen. Fettes Fleisch und stark blähende Hülsenfrüchte sollen vermieden werden, ebenso fette Mehlspeisen und bereits "faulender Käse". Über die Qualität der Speisen weiß Eble anschließend nicht immer Gutes zu berichten. Wohlschmeckende Forellen sind selten zu bekommen, der Wein ist wenig bekömmlich, deshalb auch viele nur Bier trinken oder eben das vorzügliche Gasteiner-Mineralwasser. Vor Überladung des Magens wird immer eindringlichst gewarnt.
Über die - Bekleidung - weiß Eble zu berichten, dass stets mit Kälteeinbruch zu rechnen sei und man immer, auch an heißen Tagen warme Kleidung mitführen soll, denn am Abend, wenn die Sonne verschwindet es rasch kühl wird. Auch ist man vor plötzlichem Regen nicht sicher. So empfiehlt Eble: "die Abendluft in Gastein besonders zu scheuen, und sich 1 Stunde nach Sonnenuntergang nicht mehr im Freien aufzuhalten.".
Zur - Geistigen Beschäftigung - meint Eble, dass dem Gelehrten wenige Stunden geistige Arbeit nicht schadet oder gar nützt, müsse aber achten, dass man Spazierengehen in frischer Luft und Ruhezeiten nicht vernachlässigt. Lesen vor dem Einschlafen aber ist ganz abzulehnen. Auch solle man sich aller Sorgen entledigen und danach trachten, dass man für schlechte Nachrichten nicht erreichbar ist. Hazardspiele soll man ebenfalls vermeiden, ebenso Kartenspiele. Dazu meint Eble "Kurgäste, die man bei schönem Wetter mit den Karten in der Hand trifft, sollte man geradezu für wahnsinnig erklären."
Große Bedeutung wird der Körperlichen Bewegung - beigemessen. Wobei insbesondere das Gehen in frischer Luft an vorderste Stelle steht, gefolgt von Reiten und mit Maß der Tanz. Lässt die Krankheit nur passive Bewegung zu, so ist ein Ausflug mit Wagen zu empfehlen oder mit Reiten. Während der Zeit allerdings, wo man viel Heilwasser trinkt, sollte man nur leichte Bewegung machen. Beim Gebrauche warmer Bäder ist gesteigerte Bewegung mit viel Schwitzen erlaubt, auch Bergsteigen, außer während der Badekur selbst.
Mangelnde Leibesübungen betreffen nach Eble bevorzugt Frauen, da diese in der Regel nur Bewegung in frischer Luft machen, um zu sehen und um gesehen zu werden und so schreibt Eble: "Wo also.die Neugierde nicht befriedigt, oder nicht irgend etwas Interessantes zur Schau getragen werden kann, vermag nur die tödtlichste Langeweile, unsere Damen in Bewegung zu setzen."
Das - Schlafen und Wachen - soll regelmäßig erfolgen, besonders zur Zeit der Badkrise. Keinesfalls sei es schädlich, auch am Tag zu schlafen, wobei zwischen bloßem Ausruhen und wirklichem festem Schlafen unterschieden werden muss. Fette, oder zur Dickleibigkeit geneigte Menschen sollten aber der Mittagsruhe entsagen.

§. 38.

Textauszug von Burkhard Eble, "Die Bäder zu GASTEIN", 1834 :
1. Die Luft
Wer immer gegen die oben angezeigten Übel das Gasteinerbad gebraucht, der sey versichert, dass ein grosser Theil der heilsamen Wirkungen desselben auf den Genuss der in diesem Alpenthale so vorzüglich guten Luft zu rechnen sey. Hieraus ergibt sich für alle Badegäste die Regel, dass sie jede Gelegenheit ergreifen, um diese stärkende Luft so rein als möglich in vollen Zügen einzuathmen; sich daher so oft es thunlich, ins Freie begeben, und während ihrer Abwesenheit ihre Zimmer vollständig und anhaltend durchlüften lassen.
Bei schönem Wetter halte jeder, selbst wenn er zu Hause bleiben muss, wenigstens ein Fenster offen, vermeide übrigens die Zugluft. Gross ist aber der Irrthum, wenn man glaubt, bei offenem Fenster im Zimmer sitzend sich dasselbe Gute in Bezug auf die Luft zu thun, als wenn man sich dem Luftbad im Freien unter schattigen Bäumen, in Gärten, Wäldern, Wiesen und Feldern aussetzt. Denn abgesehen davon, dass die Zimmerluft nie so rein, als die im Freien ist, so athmet man, selbst am offenen Fenster sitzend, höchstens durch die Lungen eine ganz reine Luft ein) diejenige atmosphärische Schichte aber, welche unsern, im Zimmer befindlichen Theil des Körpers umgibt, wird, weil sie in relativer Ruhe ist, nicht gehörig, und jedenfalls nicht so erneuert, als wenn der ganze Rörper im Freien einer fortdauernden sanften Luft-Strömung ausgesetzt wird, und auf solche Art auch der Athmungsprocess auf der ganzen Hautoberfläche energischer vor sich gehen kann. Ich hebe diesen Punkt desshalb besonders heraus, weil ich aus mehrfacher Erfahrung weiss, dass es viele Nervenschwache, Hypochon-drische, Hysterische und sonst verzärtelte Menschen gibt, die, oft aus blosser Gewohnheit, den geringsten Anlass benützen, zu Hause zu bleiben, das Zimmer zu hüten, und sich überreden, die gereinigte Zimmerluft könne immerhin die freie Luft in vollem Masse ersetzen.
In Gastein ist übrigens auch die Luft im Freien nicht immer, d. h. nicht zu allen Zeiten des Tags gleich rein; sondern häufigem Veränderungen, als an vielen ändern Orten unterworfen. In der Regel ist sie, selbst in den heissen Sommertagen, in der Früh bis 8- 9 Uhr frisch d. h. kühl, und sehr oft neblig, so zwar, dass man beim Erwachen die Berge bis in das Thal herab von diesen Wolken lagenweise umgürtet sieht.- Übrigens gibt es im ganzen Gasteinerthal keine besonders schädlichen Ausdünstungen, denn selbst an den, der Überschwemmung der Ache noch ausgesetzten, und daher mehr oder weniger sumpfigen Orten hat man weder auf die Menschen, noch auf das Vieh besondere Nachtheile für die Gesundheit oder solche Krankheiten bemerkt, welche man dem Sumpfmiasma zuzuschreiben pflegt. Auch macht die höchst einfache Lebensart der Gasteiner, dass die Luft nicht von faulenden vegetabilischen und thierischen Stoffen in dem Masse verunreinigt wird, wie man diess in Städten und ändern grössern Ortschaften durch die verschiedenen Handwerker, Fabriken und durch starke, zusammengedrängte Bevölkerung selbst bemerkt. Endlich erzeugen auch die hiesigen Bergwerke keine schädlichen Dämpfe, da im Radhausberg die Erze bloss zu Tage gefördert, in Böckstein bloss gepocht, und erst in Lendt geschmolzen werden. Die einzige Verunreinigung der Luft von einiger Bedeutung ist etwa die durch den Staub der Schlacken, womit die Landstrasse strichweise belegt ist. Allein wer nur einen Sommer in Gastein verlebt hat, der weiss die grosse Wohlthat gewiss zu schätzen, welche daraus entspringt, dass man hier nur bei heftigem Winde vom Staube geplagt wird. Zu allem diesem kommt noch die hohe Lage dieses Heilortes, und die dadurch bedingte relative Leichtigkeit, grössere Reinheit, Trockenheit, Kühle und vermehrte Electricität, Umstände, deren wohlthätigcn Einfluss auf die meisten Krankheiten, wenn gleich nicht vollständig begriffen, doch gewiss nicht geläugnet werden kann. Rücksichtlich der Trockenheit und Feuchtigkeit der hiesigen Luft ist zu bemerken, dass letztere in der Nähe des Wildbades wegen des grossartigen und tosenden Wasserfalles auf viele Kranke einen nachtheiligen Einfluss äussert, welcher in Hofgastein gänzlich wegfällt. Von Winden wird die Gastein, man sollte es von einem so engen krummlinigen und von so hohen Bergen allseitig eingeschlossenen Alpenthale gar nicht glauben, häufig heimgesucht; und selbst Orkane sind gar keine Seltenheiten. Man kann sich diess einigermassen durch die in der Regel grosse Unbeständigkeit der Witterung, die häufigen, wenn auch oft nur ganz vorübergehenden, ja man kann sagen, augenblicklichen Regen, durch das zeitweise Schneien auf den Bergeshöhen u. d. gl. erklären, und es fliesst hieraus für die Badgäste rücksichtlich des Spazierengehens und der Kleidung eine wichtige Regel, auf die wir später zurückkommen werden.
Originaltext (S. 171-173), ohne Gewähr!

§. 39.

Textauszug von Burkhard Eble, "Die Bäder zu GASTEIN", 1834 :
2. Speisen und Getränke
Es wird wohl Niemand so thöricht seyn, zu glauben, dass man während einer Bad- oder Trinkkur Alles ohne Unterschied essen und trinken dürfe. Ich will daher hier in Kurzem angeben, was diessfalls in Bezug auf Gastein zu thun und zu lassen sey; und sodann untersuchen, in wie fern die Schuld der Übertretung des Gebots auf die Badgäste oder auf die Wirthsleute fällt.
Im Allgemeinen haben die Eigenschaften des Gasteinerwassers für die Kurgäste das besondere Gute, dass sie gar keine Speise, welche dem Kranken sonst, d. i. vor seiner Ankunft in Gastein behagte, ausschliesslich untersagen. Dieselbe Kost, welche ihm der Arzt oder seine eigene Überzeugung durch Erfahrung schon früher anriethen, wird ihm auch hier am erspriesslichsten seyn. Hievon ist selbst der Genuss des reifen, ungekochten Obstes, namentlich der Erdbeeren und Kirschen nicht ausgenommen, wie ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Ich hoffe mit aller Zuversicht, dass dieser, für manche Kranken höchst wichtige Umstand, eines der allergrössten Empfehlungsmittel für den zahlreichen Besuch dieses Heilortes seyn wird, zumal ich Kranke kennen gelernt habe, die Karlsbad bloss desshalb verwünschten, weil man sich dort nothgedrungen in der Kost so einschränken muss. Hier in Gastein fallt diese Furcht desshalb hinweg, weil das hiesige Heilwasser so arm an fixen Bestandtheilen ist, und daher so zu sagen bloss dynamisch wirkt. Die Hauptsache bleibt daher bloss die Massigkeit von Seite des Gastes, und die gute Zubereitung der Speisen von Seite der Köchinn.
Indessen dürfen wir nicht vergessen, dass Gastein nicht zu den sogenannten Luxusbädern, ja nicht einmal zu jenen gehört, in welchen zum Heil der kranken Badgäste eine lobenswerthe Aufsicht über die Zweckmässigkeit und Unzweckmässigkeit der Speisen und Getränke besteht, und wo die edle Kochkunst einiges Ansehen behauptet. Vielmehr haben wir es hier mit einem höchst genügsamen, und auf die einfachste Kost armer Gebirgsbewohner beschränkten Alpenvölkchen zu thun, welches die ganze übrige Welt, die es theils aus Vorliebe für sein Geburtsland, theils auch wegen Armuth kaum dem Nahmen nach kennt, nur nach seinem stillen und einsamen Bergthale betrachtet und beurtheilt. Die guten Leute glauben in allem Ernst: wenn man mit ihrer Alpenkost auch nicht so ganz, des Ungewöhnlichen halber, zufrieden seyn möge; so sollte man doch davon nicht mehr klagen, wenn man Essen und Trinken vorgesetzt findet, wie ihre ersten Magistrate und reichsten Bürger selbes nur an den höchsten Festtagen zu sehen gewohnt sind. Kein Vernünftiger, der die eigenthümlchen Verhältnisse der Gastein etwas näher kennt, wird sich darüber wundern, insofern vom gemeinen Bauer die Rede ist, wohl aber, wenn es sich um Gastwirthe handelt, die seit langer Zeit alljährig mit einer grossen Anzahl hoher und höchster Standespersonen der grossen Welt zu verkehren haben, die wirklich reiche Leute sind, sich dieses Vermögen grösstentheils auf Kosten der Badgäste gesammelt haben; die ferner durch Reisen nach Salzburg, München, Linz und Wien mit den Bedürfnissen der grössern und bessern Gasthöfe hinlänglich vertraut geworden, und demnach in jeder Hinsicht im Stande sind, ihre Küche den vernünftigen Anforderungen der cultlvirten Welt anzupassen. Wenn mir daher ein Gasteiner Bauer mit gutmüthiger Einfalt versichert, dass er bei seinem Mues (einer Art von sehr fettem zerhacktem Pfannenkuchen) ganz und gar vergnügt, und vollkommen zufrieden sey, so begreife ich diess recht wohl; aber wenn mir Jemand behaupten wollte, die Köchinn eines Straubinger's, Moser's und Lackenwirths verständen nicht, was zu einer guten Tafel gehöre, so müsste ich ihm wohl ins Gesicht lachen! - Warum dauern aber die Klagen über schlechtes Essen noch immer fort, warum sind sie so zu sagen eine stehende Rubrik der Unterhaltung vor, bei und nach der Mittagstafel im Wildbad, wie in Hofgastein? Dieses der Wahrheit gemäss zu entziffern, ist für mich eine etwas kitzliche Sache, da ich dadurch die höchste Gefahr laufe, es mit den genannten Köchinnen, die mich Armen doch vielleicht noch mehrere Jahre füttern müssen, ganz und gar zu verderben, und am Ende, aus allen Wirthshäusern verjagt, eheu! den fetten Mues mit den Bauern zu essen gezwungen bin! Ich habe es in meinem früheren Werke gewagt, diese Frage etwas genauer zu verfolgen, und diesen Punkt mit einer ganz frisch geschnittenen und etwas spitzigen Feder niedergeschrieben, aber ich weiss in diesem Augenblick wahrhaftig nicht, ob ich mich mehr über die von Seite der Badgäste im Übermass erhaltenen Lobeserhebungen freuen; oder aber in allem Ernste bedauern soll, dass ich etwas zu tief in die Kochtöpfe der Gasteiner Wirthinnen geschaut und meine Finger verbrannt habe. Wie dem nun sey, die Sache ist einmal geschehen, und wer im vergangenen Sommer das Gasteinerbad gebrauchte, der muss doch zugestehen, dass meine Ermahnungen in Bezug auf die Kost nicht ganz in den Wind geredet waren. Haben wir nicht Senf, dieses herrliche Stomachicum auf der Tafel gesehen? Nicht die schmackhaftesten englischen Erdäpfel mit frischer Alpenbutter zum Imbiss verzehrt? Stack nicht einigemal ein herrlicher Schinken in dem besser zubereiteten Kohl? Machten nicht Schnitten von echter Veroneser Salami den nicht mehr so holzigen Kohlrabi schlüpfriger? Und dann die Straubinger'schen Dampfnudeln, die Moser'schen Pasteten, und die Auflaufe der Lackenwirthinn! Was will man mehr? Gontenti estote! Was noch nicht ist, kann und wird werden; in den Alpen ist man nicht so biegsam, wie an der Spree, am Rhein und in Deutschböhmen. Auch gewährt die Küche in Hofgastein noch den bedeutenden Vortheil vor jenem anderer berühmter Heilorte, dass sie die Gäste, die etwa weiter greifen möchten, zur Massigkeit zwingt, denn da heisst es immer: quot capita, tot frusta! und wer der letzte an der Tafel ist, der wird selten Gefahr laufen, sich einen Knopf zu sprengen.
Zum Überfluss wollen wir jetzt doch in möglichster Kürze die drei wichtigen Stationen des täglichen Lebens, nämlich das Frühstück, Mittagsmahl und Abendessen, wie man sie in Gastein während der Kurzeit haben soll, und wirklich hat, kritisch durchgehen.

a. Das Frühstück.
Wer sich nicht selbst die Materialien zu einem andern Frühstück mitbringt, der findet in Gastein ausser Milch, Kaffee und Ghocolate (?) nichts vorräthig. Sowohl die Milch, als auch der Milchrahm ist aber hier von solcher Güte, dass sich Liebhaber des Milchkaffee's, welche aus grossen Städten kommen, im Vorhinein darauf freuen können. In der That entbehre ich alljährig bei meiner Zurückkunft von Gastein nach Wien einen Monat lang nichts so sehr und so empfindlich, als den guten Gasteiner-Caffee, und das köstliche Quellwasser.
In ärztlicher Beziehung passt zum Gasteinerbad jedes Frühstück unter den oben vorausgesetzten Bedingungen, jedoch bleibt der Milchkaffee das gewöhnlichste und in der Regel auch das zuträglichste. Schwachen, entkräfteten Personen dient die Chocolate mit Milch besser. Milch, entweder rein für sich, oder mit Wasser gemischt, ist ein gutes Frühstück für diejenigen, welche abgezehrt, oder durch Ausschweifungen in der Wollust entkräftet sind, so wie für manche, sehr reizbare Personen, vorausgesetzt, dass in allen diesen Fällen die Milch gut vertragen wird. Es gibt übrigens auch Menschen, denen einige Löffel voll kräftiger Rind-Suppe, auch Bier- und- Weinsuppe, oder ein kleines Glas eines guten Weines mit etwas Biscuit oder Zwiback, oder eben so viel Glühwein ohne Gewürz, ja sogar ein Glas von dem so vortrefflichen Gasteinerbier besser behagt, als alles andere. Thee taugt überhaupt nicht zum Frühstück. Endlich ist es für Manche auch gar nicht gefehlt, wenn sie, ihrer frühern Gewohnheit gemäss, nichts frühstücken.
Eine andere, nicht ganz unwichtige Frage ist: Zu welcher Zeit man frühstücken soll? Es kann diess nämlich entweder vor oder nach dem Bade geschehen. - Meine Meinung ist, dass es für Jeden, der in der Frühe zeitlich badet, dienlicher sey, das Frühstück erst nach dem Bade hinzunehmen, und zwar aus dem Grunde, weil die Lebensthätigkeit durch die Verdauung des Frühstücks antagonistisch von der Haut abgeleitet, im Magen concentrirt, dadurch also die Wirksamkeit des Bades im Allgemeinen (man mag dieselbe nun entweder auf den blossen Aufsaugungsprocess, oder aber auf den dynamischen Conflict an der Oberfläche der Haut beziehen) geschwächt wird. - So wie ich also früher als die beste Regel aufgestellt habe, sehr früh Morgens zu baden, so rathe ich auch, das Frühstück erst nach ½ - ¾ stündiger Ruhe nach dem Bade zu nehmen. -
Bei Personen hingegen, welche erst um 8 - 10 Uhr zu baden pflegen, möchte es zweckdienlicher seyn, dass sie ihr Frühstück schon um 6 - 7 Uhr verzehren, und erst nach dessen Verdauung ins Bad steigen. Für sehr schwache Kranke, bei denen durch die mit dem Badegebrauch mehr oder weniger jedesmal verbundene, sehr fühlbare Anstrengung eine Ohnmacht, oder sonst unangenehme Zufälle zu besorgen wären, finde ich durchaus angemessen, dass sie vor dem Bade etwa eine Schale reiner Rind- oder Weinsuppe, oder eine Tasse Caffee zu sich nehmen. -
Was endlich die Sitte betrifft, im Bade selbst zu frühstücken, so scheint mir dies nicht allein den Gesetzen des guten Anstandes zuwider, sondern auch durch keinen physiologischen oder therapeutischen Grund zu rechtfertigen. Vielmehr kommt mir diess gerade so vor, als wenn solche Leute sich durch das Frühstück entweder die Langeweile vertreiben wollten, oder als wenn sie vor lauter Hunger die Paar Augenblicke bis zur Ankunft auf ihrem Zimmer nicht mehr abzuwarten im Stande wären. Bei Vielen ist es auch blosse Modesache, sogenannter grosser Ton! Übrigens läuft die Sache immer mit einiger Unsauberkeit ab; denn ein solcher Sonderling nimmt für sich ganz allein das zum allgemeinen Gebrauch bestimmte Brettchen in Anspruch, und beschmutzt es gewöhnlich auch zum allgemeinen Ärger. - Wer indessen ein Solitärbad nimmt, kann in dieser Beziehung thun, was er will. In wie fern die Trinkkur auch auf das Frühstück Einfluss habe, wird später angeführt werden.

b. Das Mittagsmahl. Zu einer Brunnen- oder Badekur schicken sich in der Regel nur leicht verdauliche, und doch hinlänglich nährende Speisen. Die leichte Verdaulichkeit der Speisen ist aber ein so schwankender Begriff, wenn er auf die Individualität der Menschen bezogen wird, dass man schwer hierüber etwas Spezielles sagen kann. Dasselbe gilt auch, nur in etwas geringerm Grade, von der Nahrhaftigkeit der Speisen. Denn was nützt es, wenn eine Speise hinlänglich nahrhaft ist, aber von dem schwachen Magen doch nicht verdaut wird? Umgekehrt gibt es sehr viele, an eine derbere Kost gewöhnte Kranke, denen mit den gar leicht verdaulichen Speisen keineswegs gedient ist. Auch darf man nicht vergessen, dass die Verdaulichkeit mit der nährenden Kraft der Speisen oft in geradem Widerspruche steht. - Um Raum zu ersparen, will ich hier alle jene Speisen übergehen, welche in die oben angezeigte, und somit in die Cathegorie der für Kurorte passenden gehören; und will dagegen nur solche Speisen namentlich aufführen, welche sich zur Brunnen- und Badkur überhaupt nicht, und also auch nicht für Gastein schicken. Unter diese zähle ich folgende:

1. ein grobes, zu hartes, oder nicht recht ausgebackenes oder noch ganz frisches Brot.
2. sehr fettes Fleisch, altes und schlecht geräucherte Schweinefleisch, so wie auch Fleisch von alten Ochsen, Böcken, und endlich solches Fleisch, das bereits in dem ersten Grad der Fäulniss begriffen ist.
3. Alte und zu fette Würste.
4. zu fette Fische z. B. Aale.
5. harte, stark blähende Hülsenfrüchte, z. B. Erbsen, Linsen, dürre Bohnen; dann altes Sauerkraut. Zu alte oder zu früh ausgegrabene Erdäpfel, holziger Kohlrabi u. d. gl.
6. Alle rohen, ungegornen und sehr fetten Mehlspeisen, z. B. zu fette Buttertorten, Pasteten, sogenannte Speckklöse oder Knödeln.
7. Schlechte, entweder zu fette, oder bereits faulende Käse. -
Den Salat und die mit Zusatz von Säuren bereiteten Gerichte verbiethet die Kur zu Gastein an und für sich nicht.

Rücksichtlich Nr. 1, 3 und 4 wird in Gastein nicht leicht eine Klage von Seite billig denkender Badegäste entstehen; dagegen ist das geräucherte Schweinefleisch, womit die Gasteiner ihre Gemüse satteln, gewöhnlich so zäh und salzig, dass man ein altgedienter Seemann seyn muss, wenn man es ohne Nachtheil vertragen soll. Auch hat es nicht an Leuten, (wahrscheinlich Erzschelmen) gefehlt, die der Gasteiner Küche eine bisher unerhörte Schmach anthun wollten, indem sie behaupteten: dass der Gemsbraten, den sie heute auf der Tafel sahen, gestern als ein stattlicher Hirsch vor ihren Augen abgehäutet worden sey. Doch sind wir weit entfernt, ein solches Scandalum zu glauben, denn wenn es wirklich wahr wäre, so müssten wir uns nicht wenig über die Kunst der Gasteiner Köchinnen wundern, mit welcher sie eine solche, selbst dem Linneischen Systeme zuwiderlaufende Metamorphose zu Stande bringen, ohne dass diese von dem feinen Gaumen der Badgäste auch nur geahnt worden wäre. - Das aber hat seine Richtigkeit, dass man, besonders in der heissesten Jahreszeit, oder wenn die Anzahl der Gäste gering ist, hie und da ein Stück Rindfleisch auf den Teller bekommt, welches sich in jenem Mittelzustande befindet, über den sich die Chemiker noch nicht vereinigen konnten: ob sie ihn mit dem Namen der zu befürchtenden, oder mit dem der schon in der Entwicklung begriffenen Fäulniss belegen sollen, oder welches in der Weidmannssprache bereits zu wildeln beginnt, und für welches wir unsrer Seits ein für allemal danken. -
Rücksichtlich des Punktes Nr. 4 hat man sich in Gastein ganz und gar nicht zu fürchten, denn ein Aal ist dort eine solche Seltenheit, dass ganze Generationen wahrscheinlich keinen gesehen haben; ein wahres Glück für jene Feinzüngler, welche sich den Magen gerne mit einem italienischen oder wälschen Salat zu verderben pflegen. Dagegen besitzt die Gastein einen einheimischen Fisch, der uns gerne alle andern vergessen lässt, ich meine die Forelle (Salmo alpinus). Nur ist zu bedauern, dass er in der grossen Menge nicht herbeigeschafft werden kann, als er von den Badgästen verlangt wird, und dass die Fischerei nicht frei gegeben, sondern an wenige Einzelne verpachtet ist. Da hat nun mancher Wirth seine liebe Noth, wenn auf einmal so viel Forellen verlangt werden, und er wegen Neid und Eifersucht der andern Wirthe selbe nicht aufzubringen vermag. Die Noth steigt aber aufs Höchste, wenn zufälligerweise ein Ichtyophage sich unter den Badgästen befindet, welcher gleich einem Grönländer nichts als Fische verzehrt, und unglücklicherweise auch die Mittel besitzt, sie theurer zu bezahlen. Auf diese Art hatte ich und mehrere meiner Bekannten im vorigen Sommer oftmals den Verdruss, uns statt der Forelle mit dem langweiligen Kalbsbraten begnügen zu müssen, weil uns der Salmonophage zuvorgekommen war. -
In Bezug auf Nr. 5 und 6 werde ich mich wohl hüten, den alten Sauerteig wieder aufzurühren, da ich Gott danken muss, dass er sich binnen Jahreszeit so ziemlich gesetzt hat, und überdiess auch schon im vorigen Sommer manche Verbesserung, besonders an der Wirthstafel des Herrn Moser, nicht zu verkennen war. Was endlich noch die Käse betrifft, so warne ich jeden Badgast von dem sogenannten Alpenkäse, muss übrigens der Läckenwirthinn zum Lobe nachsagen, dass sie uns mehrmal mit echtem Schweizerkäse bediente. - . . .

So viel in Bezug auf die Qualität der Speisen. Was die Quantität derselben betrifft, so besteht in Gastein als Kurort eine sehr lobenswerthe Einrichtung, denn man bekommt äusserst selten zu viel, und auf diese Art wird am besten der Überladung des Magens vorgebeugt. Die Wirthstafel gewährt fünf Speisen; trifft es sich nun, dass eine oder die andere aus verschiedenen Gründen nicht anspricht, so reichen die übrigen zur Stillung des Hungers noch immer zu; doch möchte ich klugheitshalber rathen, mehr als zwei Speisen nicht vorübergehen zu lassen; sonst möchte man die Scylla vermeiden, und in die Charybdis fallen. - Den Gästen, welche noch bedeutend innerlich krank sind, oder an namhaften Verdauungsbeschwerden leiden, ist es auf jeden Fall erspriesslicher, nach der Karte, oder eigentlich (da die Gasteinerwirthe nichts, von solchen Karten wissen wollen) nach dem Dollmetsch der Küche auf seinem Zimmer zu speisen. Solche Gäste dürfen auf mein Wort im Vorhinein überzeugt seyn, dass ihr Loos, die gesellschaftliche Freude abgerechnet, keineswegs schlechter, als jener an der Wirthstafel sey; sondern dass sie vielmehr manchen Vortheil vor jenen geniessen werden. Freilich hören sie z. B. in Hofgastein nicht die herrlichen Melodien von Moser's Spieluhr, dagegen ärgern sie sich auch nicht über die schlechte und langsame Bedienung bei der Tafel; sie entbehren der mancherlei Unterhaltungen, welche das bunte Gemisch meist gebildeter Herrn und Damen im Wechselgespräch gewährt; aber sie laufen auch nicht Gefahr, von einer Speise, die ihrer Nase schon von weitem entgegenduftet, erst nach nochmaliger Forderung zu bekommen. Überdiess haben sie den grossen Vorzug, dass sie sich selbst den Küchenzettel machen, vorausgesetzt, dass die Köchinn so galant ist, ihren Wünschen zu willfahren. Da in Gastein die meisten Gäste sehr früh zu baden pflegen, und wenigstens nach 10 Uhr Vormittags selten noch gebadet wird; so erscheint die gewöhnliche und allgemeine Essensstunde um ½ 1 Uhr ganz zweckmässig. Rechnet man, dass nebst dem Essen noch durch Gespräche und andere Unterhaltungen bei der Tafel 1 - 1 ½ Stunden darauf gehen, und dass manche Gäste ein kleines Mittagsschläfchen zu machen, oder wenigstens durch Ruhe der Verdauung zu pflegen gewohnt sind; so können doch alle ohne Unterschied um 3 Uhr Nachmittags wieder zur Bewegung im Freien bereit seyn. - Wer übrigens sonst nach dem Mittagessen eine Tasse schwarzen Caffee zu trinken, und dabei ein Pfeifchen zu rauchen gewohnt ist, der kann es, verausgesetzt, das er das Bad nach richtigen Anzeigen gebraucht, immerhin auch hier thun. Bei Tische trinke man entweder das herrliche Gasteiner-Quellwasser, oder einige Gläser von dem mit Recht so allgemein beliebten Moser'schen Bier, oder einen guten Wein, mit Wasser gemischt. Rücksichtlich des Weins ist man im Ganzen, in Vergleich mit ändern Badeorten, übel daran, denn der gewöhnliche Tischwein (Österreicher oder Steyrischer) behagt den Wenigsten, der rothe ungarische ist nicht ächt, und ausländische Weine, die man doch jetzt auch bekommt, sind im Allgemeinen zu theuer. Daher trinken die meisten Gäste entweder bloss Bier, oder nach diesem noch ein Glas ausländischen Weines, welchen sie mitgebracht haben. - Übrigens irren Diejenigen, die da glauben, der Wein sey bei einer Brunnen- oder Badekur schlechterdings nothwendig; denn so wie er überhaupt nicht zu den nothwendigen Lebensbedürfnissen gehört, so gilt diess auch für die Zeit der Brunnen- und Badekuren. Auch hier entscheidet nur die Individualität, und insbesondere die frühere Gewohnheit des Menschen.
Ich habe jetzt nur noch wenig übet den Einfluss zu sagen, welchen die Trinkkur auf das Frühstück und Mittagsmahl hat. - Die wenigen Gäste, welche das Gasteiner Mineralwasser zugleich nebst dem Bade auch trinken, pflegen diess fast ohne Ausnahme im Bade selbst zu thun. Aus diesem Umstände, und weil dieses Wasser wegen seines geringen Gehalts an festen Bestandtheilen so leicht verdaut wird, und so schnell den Körper durchdringt, macht die Trinkkur in der Regel auch gar keine Änderung im übrigen Essen und Trinken. Ich nehme selbst, und zwar durch meine eigene Erfahrung belehrt, nicht den mindesten Anstand, allen Jenen, welche nach 10 Uhr Vormittags mit ihrem Mineralwasser fertig sind, zu Mittag auch Bier zu erlauben; vorausgesetzt, dass letzteres, wie gewöhnlich gut, und der Badegast auch sonst ein Liebhaber vom Bier ist. - In Bezug auf das Frühstück hat man nur das zu bemerken, dass der Magen nicht zu schnell nach einander mit heterogenen Flüssigkeiten überladen wird, und desshalb sollen diejenigen Gaste, welche die Trinkkur entweder allein, oder in Verbindung mit der Badekur brauchen, immer wenigstens 1 - 1 ½ Stunde vom letzten Becher bis zum Frühstück verstreichen lassen. -

c. Das Abendessen. Es ist passend, dieses in das eigentliche Abendessen, oder Vesperbrot, und dann in das Nachtmahl abzutheilen. Viele Gäste wissen von dem ersten gar nichts, oder geniessen Nachmittags höchstens dann etwas, wenn sie irgendwo durch die Gesellschaft oder auf Spaziergängen und Fahrten dazu veranlasst werden. Nachmittags etwas zu essen, ist durchaus nicht nöthig, wenn man sich zu Mittag gehörig gesättigt hat. Allein wenn uns auch der Hunger nicht zur Wiederaufnahme von Speisen nöthigt, so mahnt uns doch, besonders in warmen Sommertagen, nach einem Spaziergange der Durst gar oft so sehr, dass wir ihm nicht widerstehen können. Da ist denn nichts erquickender, als ein Glas des krystallhellen und so wohlschmeckenden Quellwassers, oder auch ein Glas Bier, welches übrigens, wegen seiner Stärke, für delicate und nicht daran gewöhnte Kranke als durstlöschendes Mittel besser mit etwas Wasser verdünnt wird. -
Die Sitte, Nachmittags weissen Caffee zu trinken, hat so allgemein eingerissen, dass man an den verschiedenen Vergnügungsorten, welche man um diese Tageszeit zu besuchen pflegt, die meisten am Kaffeetische findet. Indessen ziehen doch auch nicht wenige Allem diesem einen Forellenschmaus vor, zumal da sich dazu das herrliche Bier so gut gesellt, und nebenher auch eine Pfeife Tabak recht angenehm schmeckt. Andere halten sich an die köstliche frische Alpenbutter, oder an einige Stückchen guten Schweizerkäse. Auch mangelt es nicht an solchen, welche sich die Zeit mit der kunstgemässen Entschälung der Krebse, die man hauptsächlich von Zell am See und aus dem Pinzgau herüberbekömmt, vertreiben. - Hat man Nachmittags nicht bloss getrunken, sondern auch feste Speisen genossen, so ist es rathsam, vor dem Nachtmahl, oder, wenn dieses nicht Stattfindet, vor dem Schlafengehen noch eine kleine Bewegung zu machen. - Das Nachtmahl selbst soll, wenn es ja nothwendig ist, nur höchstens aus einer Suppe, zartem Fleische, etwa Geflügel oder Forellen, und wenn es die Umtsände erlauben, auch aus leichten Gemüsen bestehen. - Wer aber des Abends sonst nichts zu essen gewohnt war, der folge auch hierin seiner frühern Gewohnheit, so wie der, welcher des Abends mit einer blossen Suppe oder etwa gekochtem Obst (etwas, was leider in Gastein gegenwärtig noch immer eine Seltenheit auf dem Tische ist) vorlieb zu nehmen pflegte. Übrigens verzögere sich das Abendessen nicht über 8 Uhr hinaus.
Originaltext (S. 173-186), ohne Gewähr!

§. 40.

Textauszug von Burkhard Eble, "Die Bäder zu GASTEIN", 1834 :
3. Bekleidung
Das Klima von Gastein ist das der hohen Alpen, und also, wie wir früher gezeigt haben, ganz eigener Art nach Verhältniss der einzelnen Monathe. Im Allgemeinen kann hier rücksichtlich der nöthigen Bekleidung Folgendes gesagt werden:
Kein Kranker trete die Reise in das Heilbad Gastein an, bevor er sich nicht mit solcher Kleidung versehen hat, wie man sie sonst nur im Winter zu tragen pflegt. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass man keine Sommerkleider mitnehmen soll, sondern nur, dass erstere in der Regel für wirklich Kranke notwendiger, als letztere sind. Ich selbst habe nun schon 4 Sommer in Gastein zugebracht, und bin nie in die Versuchung gerathen, die mitgenommenen Sommerhosen anzuziehen, vielmehr habe ich einmal, wo ich diess Verhältniss noch nicht so genau kannte, recht sehr meine Winterkleidung vermisst.
Im Durchschnitt sind die Morgen, selbst in der heissen Jahrszeit, fast alle kühl, und da die Sonne Hofgastein erst um 8 - 9 Uhr, und das Wildbad erst um 9 - 10 Uhr bescheint, übrigens gerne in der Frühe feuchte Dünste und Nebel im Thale und an den Bergen liegen; so hat man sich, besonders, wenn man nicht in dem eigenen Wohnhause badet, und sich also der freien Luft aussetzen muss, zur Zeit, wo man ins Bad geht, sehr warm zu kleiden. - Gegen Mittag, d. i. von 12 - 2 Uhr, erreicht die Hitze bei heiterem und windstillem Wetter oft einen so hohen Grad, dass man sie drückend schwül nennen, und zur Erleichterung allerdings Sommerkleidung anlegen kann. Doch weht unter solchen Umständen manchmal unverhofft ein ganz kühler Wind, der denjenigen, welche sich früher durch die Bewegung im Freien erhitzt haben, durch Erkühlung leicht schädlich werden kann. Diess geschieht gar gerne, sobald sich die Sonne auf längere Zeit hinter Wolken versteckt, oder wenn es sich nach und nach zum Regen anschickt. Vor letzterem ist man in Gastein eigentlich nie recht sicher, wenn man seine Berechnung auf mehrere Stunden ausdehnt; wer daher weitere Excursionen im Sinne hat, der treffe in dieser Beziehung die gehörige Vorsorge. Auffallend ist der Temperaturswechsel gegen Abend, wenn die Sonne hinter die Berge steigt; denn eine Viertelstunde darauf sinkt die Wärme schon um mehrere Grade, und es fängt an, feucht zu werden. Diesen Umstand lege ich besonders jenen ans Herz, welche an Lähmungen, Gicht und Rheumatismus leiden, und ich rathe ihnen freundschaftlich, und zum Theil durch eigenes Unglück belehrt, die Abendluft in Gastein besonders zu scheuen, und sich 1 Stunde nach Sonnenuntergang nicht mehr im Freien aufzuhalten. - Sehr empfindlich ist solchen Personen, sowie den Nervenschwachen, der feine Staubregen, in welchen sich eine, am Berge hängende Nebelwolke oft augenblicklich auflöst, und der, ehe man sich's versieht, den Spaziergänger einholt, und durchnässt. Unglücklicherweise mangelt es im Gasteiner Thale auch an dickbelaubten und langästigen Bäumen, unter denen man in solchem Bedrängnisse Schutz finden könnte, und Bauernhäuser sind nicht immer in der Nähe. Daher ist denn schon Mancher, der Nachmittags beim schönsten Wetter ohne Regenschirm ausging, vom Regen durchnässt nach Hause gekommen. -
Aus allem diesem geht nun hervor, dass man sich 1. in Gastein immer verhältnissmässig etwas wärmer, als sonst, kleiden, und 2. die Mühe nicht gereuen lassen soll, sich mehremal im Tage, wenn es der Witterungswechsel erfordert, umzukleiden. - Dieses Verhalten ist, abgesehen von der Veränderlichkeit der Witterung auch schon um dessenwillen besonderer Beachtung werth, weil das Gasteiner Bad zu den warmen Heilquellen gehört, und daher die Hautthätigkeit, wenn gleich nicht in so hohem Grade, als andere, namentlich Schwefelthermen, besonders mit in Anspruch nimmt. - Übrigens kann man auch hier, wie in allen Sachen, zu weit gehen, und sich nebst der übertriebenen Sorgfalt, mit der man sich unnöthigerweise plagt, durch Verzärtelung schaden.
Originaltext (S. 186-188), ohne Gewähr!

§. 41.

Textauszug von Burkhard Eble, "Die Bäder zu GASTEIN", 1834 :
4. Geistige Beschäftigung.
Wer nur einigermassen den genauen Zusammenhang zwischen Seele und Leib kennt, der wird begreifen, dass die Anordnung des geistigen Verhaltens ein wichtiger Theil der allgemeinen Diätetik, und daher auch für Brunnen- und Badgäste von grosser Wichtigkeit sey. Letztere theilen sich in dieser Hinsicht in zwei Classen, in Gelehrte, oder solche Personen, die gewohnt sind, ihren Geist in beständiger Thätigkeit zu erhalten, und die ein wahres Vergnügen darin finden, wenn derselbe immer volle Arbeit hat; und in Andere, welchen geistige Arbeit weder Pflicht noch Bedürfniss ist, und die höchstens zum Zeitvertreib etwas lesen oder schreiben.

Den Ersteren ist im Allgemeinen anzurathen, sich während der Kur, die ja ohnehin zugleich zur Erholung und Aufheiterung dienen soll, aller anstrengenden geistigen Arbeiten durchaus zu enthalten und auch leichtere Übungen des Geistes nur dann vorzunehmen, wenn sie schlechte Witterung oder sonstige dringende Verhältnisse am Spazierengehen im Freien und an der Theilnahme an ändern geselligen Freuden zufallig hindern. Unter solchen Umständen ist eine leichte und angenehme geistige Beschäftigung dieser Classe von Menschen nicht allein nicht schädlich, sondern wahrhaft nützlich und in gewisser Beziehung sogar nothwendig. - ...
Aber es ist allerdings richtig, man kann auch hierin leicht zu viel thun, und es gehört mitunter mehr als gewöhnliche Stärke dazu, dem geistigen Geschäftsdrange gehörig Einhalt zu thun. Darum sey man 1. in der Wahl der Arbeit vorsichtig, denn sie darf durchaus nicht speculativ, nicht anstrengend seyn; 2. theile man sich die Tageszeiten gehörig ein, und verlege die geistige Beschäftigung immer nur auf den Vormittag zwischen 10 - 12 Uhr, wenn bereits die Erstwirkungen des Bades oder des Brunnens vorüber sind. Es ist in der That sehr schädlich, während des Bades, oder während des Trinkens eines Mineralwassers den Geist anhaltend zu beschäftigen, aus Gründen, die ich schon anderwärts angeführt habe; eben so zweckwidrig wäre es, wenn man sich gleich nach Tische wieder an die Arbeit machte, und am allerunverständigsten, wenn man überhaupt bei schönem Wetter zu Hause studierte. - Besonders vorsichtig müssen in dieser Beziehung Jene seyn, deren Krankheit zum Theil oder ganz Folge von übertriebener Anstrengung ihres Geistes ist; diesen schadet eine weit geringere Anstrengung des Geistes während der Bade- oder Trinkkur viel mehr, als sonst, weil ihr Körper unter dieser viel empfindlicher wird, als er vorher war. - Auch den mit chronischen Unterleibskrankheiten Geplagten wird das Studieren im Badeorte besonders noch desshalb nachtheilig, weil sie dabei die nöthige körperliche Bewegung vernachlässigen und zu viel in eingesperrter Luft sitzen. Endlich versteht es sich von selbst, dass an allgemeiner Nervenschwäche Leidende, und besonders mit nervösem Kopfweh und Schwindel Behaftete am Besten thun, wenn sie jeglicher geistigen Arbeit während ihrer Kur entsagen. -
Abgesehen von diesen Studien des Geistes wird es wohl selten einen gebildeten Badegast geben, welcher nicht entweder schon von Hause die nöthigen Bücher zur zeitweisen geistigen Unterhaltung mitbringt, oder solche im Kurorte selbst zn bekommen trachtet. Und diess ist auch nothwendig; denn es kommt wohl jeder hie und da in den Fall, dass er sich die Zeit nicht besser und nicht angenehmer zu vertreiben vermag, als durch sogenannte unterhaltende Lectüre. Daher ist es eine löbliche und willkommne Sache in jedem Kurorte, wenn daselbst ein Leseverein, Lesecabinet oder eine Leihbibliothek besteht. In Gastein ist vor der Hand nur ein Surrogat dieser letztern bei dem Herrn Apotheker Pelikan, welcher mit seiner kleinen Bibliothek, die übrigens von Jahr zu Jahr mehr anwächst, sowohl das Wildbad als Hofgastein, und zwar gegen ganz billige Entschädigung versieht. - Auch für solche Lectüre bleibt es übrigens Gesetz, dass davon nur im Nothfalle, d. i. bei schlechter Witterung, oder wenn man wegen anderer Umstände das Zimmer hüten muss, Gebrauch gemacht werden soll.
Gegen das Lesen vor dem Einschlafen spät in die Nacht hinein muss ich mich ganz und gar erklären, denn in allen Badorten, und also auch in Gastein muss man früh aufstehen, und bald zu Bette gehen; überdiess wird der Schlaf durch langes Lesen, besonders bei sanguinisch - cholerischen Personen bedeutend gestört, weil sich gerne beunruhigende Träume erzeugen.

Aber nicht der Geist allein, auch das Gemüth muss in diätetischer Beziehung berücksichtigt werden. In dieser Beziehung kann als Regel aufgestellt werden, sich so viel nur immer möglich, aller unnöthigen Sorgen zu entschlagen, und vor allen gefährlichen namentlich deprimirenden Leidenschaften und Gemüthsaffecten zu verwahren. Nicht umsonst sagt man daher, dass der Badegast in der Klamm, wo sein Körper in die Klemme kommt, auch alle Sorgen von seiner Seele abstreife, und frohen, heitern Muths das Gasteiner Thal betrete. Geschäftsleute aller Art thun am besten, wenn sie ihren Angehörigen gänzlich erbiethen, in den Briefen von Geschäften zu schreiben; denn nur auf diese Art bleiben sie in der That während der kurzen Erhohlungszeit geschäftslos. Alle unangenehmen Nachrichten, die sich auf das Hauswesen und andere Gegenstände beziehen, sollen den Badegästen nur bei dringender Nothwendigkeit mitgetheilt, sonst aber bis zur Rückkunft verschwiegen werden. - Freude und Fröhlichkeit ist nicht blos Würze des Lebens, sie verlängern auch dasselbe, und ein heiterer Muth macht die Gesundheit dauerhaft. Sie und die Hoffnung, dass die Brunnen- oder Badekur günstig auf die Gesundheit wirken werde, tragen sicher sehr viel zur Verwirklichung des gehofften Glückes bei. - ...
Nicht selten erregen Spiele, namentlich Hazardspiele heftige Leidenschaften, abgesehen davon, dass man auf solche Art in kurzer Zeit das Geld verlieren kann, welches man zur Herstellung seiner Gesundheit mitbrachte. Es ist daher eine sehr wohlthätige Einrichtung, dass in allen Bade - und Kurorten der östreichischen Monarchie die sämmtlichen Hazardspiele bei hoher Strafe verboten sind. - Aber auch zum gewöhnlichen Kartenspiel, wo es um keinen hohen Preis geht, lasse man sich nur zur Noth, und dann nur auf kurze Zeit herbei. Kurgäste, die man bei schönem Wetter mit den Karten in der Hand trifft, sollte man geradezu für wahnsinnig erklären.
Originaltext (S. 189-192), ohne Gewähr!

§. 42.

Textauszug von Burkhard Eble, "Die Bäder zu GASTEIN", 1834 :
Körperliche Bewegung
Die gehörige Abwechslung zwischen Bewegung und Ruhe ist einer der wesentlichsten Theile des diätetischen Verhaltens. Sie verdient daher auch unsere vollste Aufmerksamkeit während einer Bad - oder Brunnenkur, auf deren Erfolg sie so grossen Einfluss hat, dass sie ganz allein im Stande ist, erstern günstig oder ungünstig zu gestalten. - Wir haben hier vorerst die Arten, und dann das Mass der körperlichen Bewegung zu erörtern und unterscheiden in ersterer Beziehung die active von der passiven Bewegung.
Die active Bewegung geht vom willkürlichen Nerven- und Muskelsystem aus, und bewirkt zunächst Beschleunigung des Blutumlaufs, grössere Energie des Athmungsprocesses, und durch beides vollkommnere Umwandlung des Blutes, rascheren Gang aller Ab- und Aussonderungen, und dadurch wieder Bethätigung der gesammten Vegetation und des Nervenlebens. Sie ist daher, vorausgesetzt, dass sie das gehörige Mass nicht übersteigt, in allen jenen Krankheiten als ein vorzügliches Mittel zur Heilung anzusehen, die auf gehinderter oder unvollkommner Hämatose, auf überwiegender Venosität des Blutes, schlechter Verdauung beruhen: bei Bleichsucht, fehlender monatlicher Reinigung, Hämorrhoiden, Gelbsucht; so auch bei Neigung zur Verstopfung, und Fettleibigkeit; ferner bei Stockungen in den Eingeweiden, und selbst auch bei krankhafter Beschaffenheit des Bauchnervensystems also in der Hypochondrie und Hysterie, endlich bei mangelhafter Ernährung des Muskelsystems, und daher auch bei partiellen und unvollkommnen Lähmungen.
Obwohl nun, wie aus dem früher Gesagten erhellet, nicht alle Kranke dieser Art in Gastein Hilfe suchen, und viele derselben sie an ändern Heilquellen besser finden werden, so weiss ich doch auf der andern Seite nicht einen einzigen Fall aufzuweisen, für den das Gasteinerbad angezeigt, und dagegen eine massige Körperbewegung schädlich wäre. Was wir oben von der wohlthätigen Wirkung der frischen und reinen Gebirgsluft angeführt haben, erhält um so höhern Werth, wenn mit dem Einathmen solcher Luft zweckmässige Leibesbewegungen verbunden werden. Die zweckmässigste Art dieser letzten bleibt im Allgemeinen das Gehen, und nichts kann einen Spaziergang zu Fuss in Gottes freier, schöner Natur ersetzen. Aber Kranke, welche stark entkräftet, oder engbrüstig, oder steif, oder mit Gicht und Rheumatismen geplagt, oder gar gelähmt sind, denen taugt mehr die passive Bewegung zu Wagen. Dagegen ist bei Trägheit der Unterleibsverrichtungen, so wie bei Hartleibigkeit, Verstopfung und Anschoppung das Reiten nützlicher, als Fahren. - Der Tanz gehört unter jene Leibesbewegungen, die zugleich den Geist erheitern, und daher in richtigem Masse von vorzüglichem Nutzen seyn können. Allein nur gar zu oft eilt mit dem steigenden Vergnügen alle Vernunft davon, und der mit dem besten Vorsatz angefangene massige Tanz artet in bacchanalischen Unsinn aus. Daher haben manche Ärzte den Tanz von den Kurorten ganz zu verbannen gerathen, und unsere Zeit ist wahrlich nicht geeignet, Gegenbeweise zu liefern, da jetzt nur rauschende, wüthende Tänze, bei denen man in kurzer Zeit athemlos dahin sinkt, beliebt, dagegen der sanfte Menuet, ein langsamer Walzer u.s.w. ganz verpönt sind.
Es kommt bei allen diesen Bewegungen stets auf das richtige Mass an, und dieses hängt wieder gar sehr von der Individualität ab. Eine nervenschwache Dame würde in Ohnmacht sinken, wenn sie mit einem, auf der Jagd abgehärteten Cavalier gleichen Schritt halten sollte; dasselbe gilt von jenen Damen, die in der Regel aus dem Bette zur Toilette, von da zur Tafel, darauf zum Spieltisch, oder höchstens zur Promenade im Wagen, dann wieder zur Tafel, noch einmal an den Spieltisch, und nun zu Bette gehen, und die beinahe vergessen haben, dass ihnen Gott die Beine zum Gehen verlieh. - Das bleichsüchtige Mädchen muss, wenn auch das Herz stärker klopft, sich doch zu kräftigerer Leibesbewegung überwinden, als der entnervte junge Herr, der seine Kräfte bei Saufgelagen und im Tempel der Göttinn zu Paphos verloren hat. - Wer ohnehin ein mit vieler Bewegung verbundenes Geschäft hat, dem ist das Spazierengehen nicht so nothwendig, als einem an den Studier- und Schreibtisch gefesselten Gelehrten oder Beamten, die nur mit dem Kopf und den drei vordern Fingern der rechten Hand arbeiten. - Fette, dickbäuchige Personen müssen sich schon bequemen, etwas mehr Bewegung zu machen, als Menschen, welche aussehen, als wenn sie aus der heissen Zone kämen. Das Mass der Bewegung wird übrigens nicht minder durch den Umstand bestimmt, ob jemand leicht in Schweiss kommt, oder nicht. Nicht immer ist vieles Schwitzen dem guten Erfolg der Kur zuträglich, ja in gar vielen Fällen muss das Schwitzen wo möglich verhütet werden. - Es ist aber ganz falsch, wenn man, besonders bei einer Trinkkur, glaubt, man müsse nothwendig nach jedem Becher wie ein Courier herumrennen, um das Wasser desto besser zu verdauen; im Gegentheil kann ich beweisen, dass die eigentliche Verdauung des Wassers, so wie die Verdauung jeder festen Speise besser in der Ruhe, als bei starker Bewegung vor sich gehe, und dass das getrunkene Wasser seine Erstwirkung gewiss kräftiger, wenn gleich etwas langsamer, äussere, wenn man sich darauf eine Zeit lang ruhig hält, oder höchstens langsam auf- und abgeht. Heftiges oder zu lange und namentlich bis zum Schweisse fortgesetztes Spazierengehen macht nur, dass der ganze Process, den das Mineralwasser in den ersten Wegen hervorruft, um so schneller eintritt, aber eben wegen zu grosser Hastigkeit an Energie und Ausdauer verliert. Mein Rath für Brunnengäste ist daher, während der Zeit, als man das Heilwasser trinkt, nur leichte Bewegung zu machen, und es nie bis zur Ermüdung oder zum Schweisse zu treiben; dagegen nach geschehener vollkommener Assimilation des Wassers, d. i. nach Verlauf von 2 - 3 Stunden, erst diesen eigentlichen Spaziergang im Freien und in's Weite zu unternehmen. - Beim Gebrauche warmer Bäder und in Fällen, wo es sich um Verstärkung der Hautthätigkeit handelt, wie z. B. bei rheumatischen und gichtischen Affectionen, ist schon in der Regel eine stärkere, selbst bis zum Schweisse gesteigerte Bewegung erlaubt, nur darf man hier, besonders in Gastein beim Bergsteigen, die anderen nöthigen Vorsichten nicht vergessen. - Dagegen müssen Personen, die eine Neigung zu Blutflüssen haben, oder an Wallungen, Engbrüstigkeit, an Abzehrung oder sonst grosser allgemeiner Schwäche leiden, in ihren I.eibesbewegungen sehr vorsichtig seyn. - Sehr zu bedauern ist es, dass so viele Menschen, nämlich aus grossen Städten, so wenig Sinn für die Reize der Natur in einer schönen ländlichen Gegend haben. Es hat in dieser Hinsicht der Schöpfer gütig vorgesorgt, indem fast alle Gegenden, in denen Mineralwasser quellen, zu den malerischen, romantischen oder sonst interessanten gehören; allein welchen Nutzen gewahrt diess einem Menschen, der nichts Reizenderes kennt, als die Zeit am Spiel-, oder Weintisch und durch andere sinnliche Freuden zu tödten? Welchen Eindruck machen die mannigfaltigen Schönheiten der Natur auf einen Kurgast, der nur glücklich ist, wenn er sich von bestaubten griechischen und römischen Klassikern, oder von Gerichtsacten umlagert sieht? -
Im Ganzen trifft übrigens die Klage über vernachlässigte Leibesübung mehr das weibliche, als unser Geschlecht; auch liegt dort der Sache etwas ganz Anderes zu Grunde, als bei uns. Die Frauen pflegen nämlich in der Regel nur Bewegung zu machen, um zu sehen, und gesehen zu werden. Wo also die Neugierde nicht befriedigt, oder nicht irgend etwas Interessantes zur Schau getragen werden kann, vermag nur die tödtlichste Langeweile, unsere Damen in Bewegung zu setzen. Auf der andern Seite scheuen sie sich ausserordentlich, ohne den gehörigen Putz öffentlich zu erscheinen, und uneingeschnürt wagt sich selten eine auf die Strasse. Was kann sie aber in einen solchen Kürass gezwängt und beladen mit allerhand Flitterstaat für Bewegungen machen? Sie kann, wie Markard sagt, bei stiller Luft in den Alleen wohl ein wenig hin- und herschweben, aber unmöglich sich so frei bewegen, wie es seyn sollte. - Es ist wahr, die schöne, geistreiche und bescheidene Dame wird auch im netten Negligee bewundert und angebethet werden; allein was sollen die nicht schönen, und die geistesarmen und die anmassenden thun? Und wird denn wohl eine die heroische Entschlossenheit haben, da in jener Tracht öffentlich zu erscheinen, wo Andere in grösster Galla einhersteigen? Überdiess ist die Mode ein Tyrann, der auch die Verständigsten hinter sich her in schweren eisernen Fesseln schleppt, und gegen den die Predigten der Ärzte nur in den verzweifelsten Fällen bisher etwas vermochten. - Das Übelste bei der Sache ist nur, dass auch die Männer theils wegen angeborner Gefälligkeit gegen das weibliche Geschlecht, theils wegen anderer sehr einleuchtender Gründe die Frauen nicht allein lassen wollen, und auf solche Art also auch zu wenig Bewegung machen. - Indessen muss man doch zur Ehre unseres Zeitalters bekennen, dass die Damen wenigstens in der Früh den Brunnen im Negligee besuchen, und dass man doch mitunter auch solche findet, welche durch ihren Anzug nicht verhindert werden, in körperlichen Bewegungen selbst manche Männer zu Schanden zu machen. -
Einen grossen Einfluss auf die Art und das Mass der leiblichen Bewegung hat ohne Zweifel die Tageszeit. In Bezug auf Gastein habe ich schon bemerkt, dass man sich dort wohl selten vor 9 Uhr Vormittags zu einem Spaziergange im Freien anschickt, theils, weil die frühere Zeit durch Baden, Frühstück, Nachruhe und Ankleiden daraufgeht, theils, weil es die Beschaffenheit der Luft und namentlich ihre Temperatur für Kranke nicht wohl erlaubt.- Vor 11 Uhr wird die Hitze in Gastein selten lästig, und daher wähle man zu seinem Spaziergang Vormittags die von der Sonne beschienene Seite, und richte die Sache so ein, dass man noch vor Mittag wieder im Schatten der Bäume und Häuser eintrifft, und nötigenfalls noch Zeit hat, vor dem Mittagessen die Wäsche zu wechseln. Unerfahrne warne ich hier davor, dass sie sich aus falscher Berechnung der Entfernung der Bergeshöhen zu einem zu weiten, und in Bezug auf den Bückweg zu beschwerlichen Ausflug verleiten lassen.- Nach der Mittagsmahlzeit pflege man ein wenig der Ruhe, ohne jedoch gerade förmlich zu schlafen, und nach 3 Uhr setze man sich wieder in Bewegung, und bleibe, wo möglich, so lange im freien, bis die Sonne untergeht. Wer auch des Nachmittags badet, der gehe von 2 - 3 Uhr langsam spazieren, ruhe von 3 - 4 Uhr, und gebrauche jetzt das Bad. Im höchsten Sommer kann er dann bei günstiger Witterung l Stunde nach dem Bade ebenfalls noch eine kleine Bewegung im Freien machen. Der Tanz dauere nie länger als bis 10 Uhr Abends, und finde nur bei etwas kühler Witterung Statt. Wer Gelegenheit hat, täglich auszufahren, der mache Vormittag seinen Spaziergang zu Fuss, und Nachmittag fahre er aus.

Eine ganz besondere Aufmerksamkeit verdienen zu Gastein die Ausflüge auf die hohen Berge, zu den Wasserfällen und Gletschern in's Nassfeld, auf den Garnskahrkogel und das Hasseck. - Abgesehen davon, dass nur die kleinste Zahl der Kurgäste Gasteins geeignet ist, die genannten hohen Berge zu ersteigen, so ist es auch jedem ohne Unterschied anzurathen, dass er vorerst mit dem Besuch der, an den Abhängen der beiderseitigen Berge des Thales gleichsam staffelweise übereinanderliegenden Bauernhöfe beginne, dann über Laveen oder Huntsdorf in das anmuthige Angerthal hinaufsteige, hierauf das höher als Gastein gelegene Alpenthal Nassfeld beschaue, und zuletzt erst sich an das Ersteigen des Gamskahrkogels und Hassecks wage. Alle derlei Ausflüge, besonders aber die letzteren, geschehen meist in zahlreicher Gesellschaft, wovon sich der schwächere Theil auf Saumrosse setzt, die man zu Hof beim Lackenwirth oder auch beim Bräuer, im Wildbad durch Straubinger und Patschger besorgen lässt. -
Doch kann ich nicht umhin, bei dieser Gelegenheit als Arzt die Bemerkung zu machen, dass es für manchen Badegast gewiss eine sehr gewagte Sache um das Besteigen so hoher Berge, selbst wenn diess auf dem Saumrosse geschieht, sey. Diess gilt besonders für Brustkranke, oder auch nur Brustschwache, ferner zu, Wallungen und Blutungen Geneigte, und für alle Jene, deren Pedale in einem noch so Übeln Zustande ist, dass sie unfähig sind, im Nothfalle über gefährliche Stellen (und deren gibt es immer einige) zu Fuss wegzuschreiten; endlich widerrathe ich eine solche Excursion einem jeden Kurgast ohne Unterschied während der Badezeit selbst, vorzüglich aber zur Zeit der eintretenden Krisen; so wie denn auch Gichtische und Rheumatische ganz besonders leicht auf solche Art in eiu Paar Stunden die heilsamen Wirkungen der ganzen Badekur unbedachtsamerweise wieder zu nichte machen. - Man wird es kaum glauben, allein die Wahrheit spricht alljährig zu deutlich, als dass man daran zweifeln könnte: es zeigt sich im Allgemeinen selbst mit Hintansetzung aller Bequemlichkeiten und Nichtachtung so mancherlei Gefahren, unter dem weiblichen Geschlechte beinahe eine grössere Lust, derlei hohe Bergesspitzen zu ersteigen. Wissenschaftliches Streben liegt hier sicher nicht zu Grunde, sondern bloss Neugierde, die dann aber gewöhnlich nicht nach Verdienst belohnt wird. Vielmehr kommen solche Caravanen unter 5mal gewiss 2mal in kläglichem Zustande zurück, indem sie auf dem Wege von Nebel, Regen, Hagel oder Schnee heimgesucht wurden; Missfälle, die den ganzen weiblichen Anzug in kurzer Zeit so jämmerlich zurichten, dass die Schönen zur Toilette der Alpenmädchen (Sennerinnen) Zuflucht nehmen müssen, um nur ihre Blösse zu bedecken. Wenn solches Unglück gesunde, oder nur unbedeutend kranke Frauen trifft, so mag es noch hingehen, was soll man aber denken, wenn sich selbst Frauen im 6. -7ten Monath der Schwangerschaft nicht abhalten lassen, solche gefahrvolle Wanderungen zu unternehmen ? ! - Man wird vielleicht glauben, dass ich kein Liebhaber vom Bergsteigen war und noch nicht bin, allein darin irrt man sehr; ich kenne vielmehr keine grössere Freude, als wenn man in einer beträchtlichen Höhe, wie z. B. auf der Spitze des Schneeberges, des Ötschers in Österreich, der Schneekuppe, des grossen Winterberges in der sächsischen Schweiz, des Fichtelberges, des Melibocus an der Bergstrasse, des Hohenstauffen und Hohenzollern in Schwaben, des Rigi, Weissenstein bei Solothurn (welche ich alle in früherer Zeit bestiegen habe) gleichsam eine kleine Welt wie auf einer Landkarte vor sich liegen sieht. Solche Unternehmungen taugen aber, besonders wenn sie die Schneelinie berühren, entweder nur für das kräftige Manns alter, oder doch nur für abgehärtete, daran gewöhnte Leute, keineswegs aber für zarte Frauen und am allerwenigsten für Kranke.
Originaltext (S. 193-198), ohne Gewähr!

§. 43.

Textauszug von Burkhard Eble, "Die Bäder zu GASTEIN", 1834 :
6. Schlafen und Wachen.
Wenn auch nicht alle Kur- und Badegäste unter die Schwachen, oder solche gehören, welche der Stärkung bedürfen; so gilt doch für alle ohne Ausnahme, dass zum Gelingen ihrer Kur eine gehörige Abwechslung zwischen Wachen und Schlafen erforderlich sey. Man gibt, und zwar nicht ohne Grund, für Gesunde im Allgemeinen die Dauer des Schlafes auf 6 - 7 Stunden an; allein so wie es selbst Gesunde gibt, welchen 5 Stunden Ruhe zur gänzlichen Erholung genügen, und andere, denen ein Schlaf von 8 - 9 Stunden, besonders zur Winterszeit keineswegs schadet; eben so treten auch bei den Kurgästen in dieser Beziehung verschiedene Abänderungen ein. Die Mehrzahl der Badegäste zu Gastein ist mit Übeln behaftet, welche auf vorwaltender Schwäche beruhen, und daher schläft man auch in der Regel zu Gastein mit Recht durchaus 7 - 9 Stunden. Andere, denen aus besondern Rücksichten vielleicht ein kürzerer Schlaf genügen würde, treibt gar oft die lange Weile früher, als sonst zu Bette, und hält sie auch in der Frühe länger daselbst zurück. Das häufig schlechte Wetter und die kühlen Morgen, so wie die im August schon früh einbrechende Abenddämmerung tragen denn auch das Ihrige bei zur Verlängerung des Schlafes.
Die fleissigen und exacten Badegäste begeben sich nach 9 Uhr Abends zur Ruhe, und steigen um 5 Uhr früh des andern Tages ins Bad. Andere, noch jung an Jahren, flüchtigen Geistes, oder nur mit leichten Übeln behaftet, finden wohl auch Gelegenheit, bis 10, 11, 12 Uhr in den Wirthsstuben zu sitzen beim schäumenden Pokal und in Tabakswolken eingehüllt; oder gar bei Musik und Tanz die Mitternachtsstunde zu erwarten. Diese bilden sodann gewöhnlich das Corps der Nachzügler im Bade, oder setzen wohl auch hie und da einen Tag mit dem Bade aus, weil sie lange nicht einschlafen konnten, in der Früh an Wallungen litten, und ihr Kopf sehr eingenommen war. - Bemerkenswerth ist, dass wirklich Kranke schon um desswillen früh zu Bette gehen sollten, weil die Wirkungen des Bades häufig von der Art sind, dass sie den Schlaf öfters mehrere Stunden hindurch rauben, ein Fall, der besonders zur Zeit der Badkrise einzutreten pflegt.
Diess wenige in Bezug auf den Schlaf zur Nachtszeit. Häufig entsteht aber auch die Frage: ob es erlaubt, zuträglich oder schädlich sey, auch unter Tags zu schlafen? Hier tritt wieder die Rücksicht ein: ob der Badegast früher daran gewöhnt war, oder nicht; ferner, ob er nur mit einem leichten, äussern Übel, oder mit einer langwierigen, innerlichen Krankeit behaftet ist; endlich muss noch zwischen blossem Ausruhen und wirklichem festem Schlafen unterschieden werden. - Schwache Kranke erfreuen sich selten eines ununterbrochenen Schlafes zur Nachtszeit, vielmehr werden sie häufig durch Schmerzen u. dgl. stundenlang darin gestört; diesen kann es also vortheilhaft seyn, bei Tage das Verlorne wieder nachzuholen. Dasselbe gilt auch von denen, die mit den Folgen einer innerlichen Krankheit noch zu kämpfen haben. - Viele sind so lange schon an ein Nachmittagschläfchen gewöhnt, dass es eben so unbarmherzig, als in ärztlicher Beziehung unräthlich wäre, ihnen dasselbe zu entziehen. Endlich ist es eine mit der Natur des Menschen überhaupt, und mit dem zweckmässigen Gebrauch des Gasteinerbades gar wohl verträgliche Sitte, sowohl unmittelbar, nachdem man aus dem Bade gestiegen, als nach aufgehobener Mittagstafel durch ½ Stündchen der Ruhe zu pflegen, wobei man jedoch besser thut, wenn man sich nicht dem Schlafe hingibt. Wird man übrigens, wie es in heissen Tagen leicht zu geschehen pflegt, wider Willen doch, endlich von den sanften Armen des Morpheus umfangen, dann glaube man desshalb ja nicht, ein Verbrechen begangen zu haben. - Fette, oder zur Dickleibigkeit geneigte Menschen thun wohl, wenn sie sich am Schlaf etwas Abbruch thun, und diesen ist, so schwer ihnen auch der Kampf werden mag, die Mittagsruhe so viel möglich zu untersagen, weil sie, einmal dem schwellenden Sofa oder gar dem weichen Bette übergeben, trotz dem festesten Vorsatze, nicht zu schlafen, doch in wenig Augenblicken der Welt entrückt sind, dann gewöhnlich stundenlang fortschlafen, und sich Nachmittags nicht so wohl als sonst befinden. -
Originaltext (S. 201-203); Abschrift ohne Gewähr!
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Der Text wurde dem Buch "Die Bäder zu GASTEIN" von Burkart Eble, 1834 entnommen.
Abschrift ohne Gewähr !

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Gasteiner Kur im 19. Jh. - Burkhard Eble, 1834
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